Sie war wieder da. So heftig und niederschmetternd, wie schon lange nicht mehr. Ihre Depression.
Die Krankheit war nicht neu für Frau B., sie verhagelte ihr seit vielen Jahren immer mal wieder die Stimmung. Doch so schlimm wie dieses Mal, war es schon lange nicht mehr.
Die Symptome der Depression & Depression in den Wechseljahren
Als Frau B. am nächsten Tag in meinen Praxisräumen saß, berichtete sie, wie leer und unfassbar traurig sie sich fühlte. Seit zwei Wochen schien sich dieser Zustand immer mehr zu verstärken. Nachts schlief sie fast nicht mehr und tagsüber fühlte sie sich vollkommen erschlagen und müde. Schon die tägliche Gassirunde mit ihren Hunden war kaum mehr möglich.
Frau B. erzählte auch, wie schlecht und schuldig sie sich ihrem Ehemann gegenüber fühlte. Jedes Wort legte sie jetzt auf die Goldwaage und bezog es auf sich. All ihr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl schien verschwunden zu sein.
Während unseres Gesprächs kam mir Frau B. ungewohnt ruhelos vor. Sie wirkte sehr unkonzentriert. Sie erzählte mir, dass sich auch ihre Schmerzen in den Gelenken seit einigen Tagen wieder verstärkt hatten.
Doppelt so viele Frauen wie Männer leiden an Depressionen
Im Durchschnitt leiden 8 % aller Deutschen an einer Depression. Und es ist sehr deutlich zu erkennen, dass in der Altersspanne zwischen 20 und 60 doppelt so viele Frauen wie Männer daran erkranken.
Wie genau die Depression entsteht, ist leider immer noch nicht bekannt. Man vermutet allerdings, dass hormonelle Veränderungen, zum Beispiel nach dem Absetzen der Pille, nach Schwangerschaftsende oder auch in den Wechseljahren Mit-Auslöser einer Depression sein können. Das könnte auch das vermehrte Auftreten der Depression bei Frauen erklären.
Die Erkrankungshäufigkeit nimmt nach der Menopause ab
Übrigens! Nach dem 60. Lebensjahr vermindert sich die Erkrankungshäufigkeit bei Frauen wieder. Dann gibt es wieder eine 1-zu-1 Verteilung zwischen Männern und Frauen, das heißt genauso viele Frauen wie Männer erkranken an Depression.
In der Regel hat frau nach dem 60. Lebensjahr die Menopause hinter sich gelassen und der Hormonhaushalt hat sich wieder reguliert. Damit liegt die Vermutung nahe, dass tatsächlich das hormonelle (Un-)Gleichgewicht eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Depression spielen könnte. Die Wissenschaft steht hier erst am Anfang ihrer Forschungen. Sicherlich werden wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weitere Ergebnisse dazu erwarten können.
Ursachen für depressive Verstimmungen
Für Dich als Frau kurz vor oder bereits in den Wechseljahren bedeutet das natürlich nicht, dass Du unweigerlich eine Depression entwickeln wirst.
Trauma und genetische Veranlagung spielen ebenfalls eine große Rolle
Auch eine gewisse genetische Disposition, also ob ein Familienmitglied bereits eine Depression hatte, beeinflusst das Entstehen der Erkrankung.
Natürlich können auch traumatische oder tragische Ereignisse eine Depression mitverursachen. Frauen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder andere traumatische Erlebnisse hatten, sind ebenfalls häufiger von einer Depression betroffen.
Da die Wechseljahre von vielen Frauen auch als Verlustsituation wahrgenommen werden – die Fruchtbarkeit und damit die Weiblichkeit geht „verloren“ – kann das auch, wenn es als besonders dramatisch wahrgenommen wird, zu einer Depression führen.
Ängste und Stress können die Depression auslösen
Auch anhaltender Stress kann die Entwicklung einer Depression begünstigen. Wer ständig über seine Grenzen geht und praktisch ausbrennt, verbraucht jede Menge Nährstoffe und sorgt für ein gewaltiges Durcheinander im Stoffwechsel. Je länger der Stress anhält, desto größer wird zum Beispiel die Dysregulation des Cortisol-Stoffwechsels.
Die Nebennierenrinde produziert Cortisol. Ist allerdings der körpereigene Bedarf höher als die Synthese von Cortisol, gerät der Stoffwechsel immer mehr ins Ungleichgewicht. Häufig verändern sich dabei auch die Mengen bestimmter Neurotransmitter wie Serotonin, Noradrenalin oder Dopamin.
Dir ist vielleicht bekannt, dass die Medizin einen engen Zusammenhang zwischen dem Serotoninspiegel und einer Depression sieht. Deshalb beeinflussen auch die meisten Antidepressiva den Serotonin-Stoffwechsel im Gehirn, in dem sie dafür sorgen, dass Serotonin nicht so schnell abgebaut wird, damit es der Nervenzelle länger zur Verfügung steht. Damit soll der Gemütszustand verbessert werden und die Symptome der Depression können langsam zurückgehen.
Leider ist es immer noch sehr schwierig, durch die vielfältigen Ursachen einer Depression, zu sagen, ob die Antidepressiva wirklich so effektiv wirken, wie sie sollten. Laut einiger Studien aus den USA liegt die Wirkung der SSRIs (der sogenannten Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) bei unter 50% und entwickelt sich auch erst nach einigen Wochen.
Antidepressiva helfen kaum bei Depressionen
Die amerikanische Psychologin Dr. med. Kelly Brogan hat ein Buch zum Thema Depression geschrieben und erklärt darin sehr eindrucksvoll, warum bei vielen Frauen Antidepressiva nicht wirken.
Zusätzlich geht sie auf einen weiteren wichtigen Punkt ein, der in der Wissenschaft bisher noch wenig Beachtung gefunden hat. Kelly Brogan sieht einen großen Zusammenhang zwischen unserer heutigen Ernährung und dem Entstehen von Depression.
Ein ungesunder Darm als Auslöser?
Welche Rolle zum Beispiel das Darmmikrobiom, also die Vielfalt an wichtigen Mikroben und Bakterien im Darm, dabei spielt, ist noch gänzlich unbekannt.
Dass aber zum Beispiel der Darm sehr viel mehr Serotonin produziert als das Gehirn, ist wissenschaftlich bereits erwiesen.
Häufig scheinen Menschen mit Depression auch Verdauungsbeschwerden zu entwickeln. Es könnte also nahe liegen, dass auch ein „ungesunder“ Darm Mit-Verursacher einer Depression sein könnte.
Genauso wichtig kann es übrigens sein, sich klar zu machen, dass durch eine Darmdysbiose, wenn die Darmbakterien nicht optimal zum Arbeiten kommen, bestimmte Nährstoffe nicht ausreichend aufgenommen werden. Ein ausgeprägter Vitamin-B-12-Mangel kann sich zum Beispiel mit deutlichen Depressionssymptomen zeigen. Wird der Vitamin-B-12-Mangel ausgeglichen, verschwinden auch diese Symptome.
Depression oder doch „nur“ eine Schilddrüsenunterfunktion?
Eingangs habe ich Dir erzählt, dass sich bei hormonellen Veränderungen häufig eine Depression entwickeln kann. Eine weitere hormonelle Erkrankung, die häufig übersehen und dann irrtümlich als Depression abgestempelt wird, ist die Schilddrüsenunterfunktion.
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion kommt es zu einer Herunterregulation des Stoffwechsels. Die betroffene Frau fühlt sich müde, antriebslos, traurig. Sie hat Schlafschwierigkeiten, kann sich schlecht konzentrieren, möchte am liebsten allein sein. Wenn Dir diese Symptome bekannt vorkommen, hast Du gut aufgepasst, denn das sind auch die „klassischen“ Depressionsymptome.
Bei Verdacht auf Depression sollte unbedingt auch die Schilddrüse überprüft werden. Denn mit den passenden Medikamenten gegen die Schilddrüsenunterfunktion kann oft den Betroffenen sehr viel schneller geholfen werden.
Viele Ursachen und Auslöser machen die Behandlung schwierig
Bei meiner Patientin Frau B. kann niemand genau sagen, welche/r Auslöser bei ihr zur ersten depressiven Episode geführt haben/hat. Auch dieses Mal ist es nicht so einfach. Vieles spielt mit rein.
„Weihnachten ist immer eine schwere Zeit“, erzählte sie mir. Als kinderloses Ehepaar wird ihr und ihrem Mann in dieser Zeit der Verlust wieder bewusster (Stichwort: traumatisches Erleben). Hinzu kommt die Umstellung ihrer Antidepressiva. So eine Medikamentenumstellung kann für ein ordentliches Durcheinander bei den Neurotransmittern in Gehirn sorgen. Auch das kann eine depressive Episode triggern.
Die Behandlung einer akuten Depression ist langwierig und gehört auf jeden Fall in die Hände eines Therapeuten. Frau B. unterstütze ich daher gemeinsam mit ihrem Hausarzt.
Was Du präventiv gegen Depressionen machen kannst, erzähle ich Dir in der folgenden Aufzählung.
# 1 Iss ausgewogen, frisch und saisonal
Es klingt vielleicht abgedroschen, doch unterschätze niemals, wie wichtig eine gesunde und ausgewogene Ernährung sein kann. Je besser Du Dich ernährst, desto gesünder wirst Du sein.
Gemüse und Obst bieten Dir viele Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente. Du nimmst Ballaststoffe auf, worüber sich Dein Darm ganz besonders freut. Und je besser Dein Darm arbeiten kann, desto besser kann er die Nährstoffe aufnehmen und dem Körper zur Verfügung stellen.
Deine Ernährung ist, im wahrsten Sinne des Wortes, dazu da, Dich zu NÄHREN. Je besser also das ist, was in Deinen Körper reinkommt, desto besser und gesünder kannst Du sein.
Die Nährstoffe, die Du mit Deinem Essen aufnimmst, schenken Dir nicht nur Energie, sondern sind zum Beispiel auch die Vorstufe für bestimme Neurotransmitter. Und wenn Deine Neurotransmitter gut arbeiten, kannst Du so ggfs. die Entwicklung einer Depression vermindern. Das ist es doch wert, oder?
Unsere Artikelserie über die wichtigsten Nährstoffe in den Wechseljahren ist gerade gestartet. Hier kommst Du zum ersten Artikel „Warum Vitamine und Mineralstoffe in den Wechseljahren Deine Freunde sein sollten“.
# 2 Die Schilddrüse untersuchen lassen
Es ist erstaunlich, wie häufig eine Schilddrüsenunterfunktion erst NACH einer Depressions-Diagnose festgestellt wird. Deshalb solltest Du auf eine umfangreiche Diagnostik der Schilddrüse bei Deinem Hausarzt bestehen. Lass Dich hier nicht nur mit der Aussage „Alle Werte sind in Ordnung“ abspeisen. Am besten lässt Du Dir die Laborauswertung ausdrucken, damit Du Deine Werte selbst „schwarz auf weiß“ sehen kannst.
In meiner Erfahrung werden TSH-Werte zwischen 0,4 und 4 als „in Ordnung“ abgetan, doch die meisten Frauen zeigen bereits erste Unterfunktionssymptome ab einem TSH-Wert von 2,5. Oft kann bereits mit der Einnahme von Selen, Jod oder auch der Aminosäure Tyrosin die Symptomatik der Unterfunktion verbessert werden.
Bitte sprich immer mit Deinem Arzt, Heilpraktiker oder Apotheker über diese Nährstoffe und ob und wie Du sie einnehmen kannst oder nicht.
Im Artikel „Mysterium Wechseljahre: Bin ich schon drin? Der Selbsttest.“ kannst Du nicht nur lernen, woran Du die Wechseljahre erkennst, sondern auch, welche Symptome auf eine Schilddrüsenerkrankung hinweisen können.
# 3 Nährstoffspeicher überprüfen lassen
Wenn Du eh schon beim Arzt bist, schadet es auch nicht, ein paar zusätzliche Werte überprüfen zu lassen. Interessant ist zum Beispiel immer der Vitamin-B-12-Spiegel, genauso wie der Vitamin-D-Spiegel. Es passiert leider heute schneller als wir denken, dass wir zu wenig von diesen wichtigen Vitaminen zu uns nehmen und damit in einen Mangel geraten.
Ein Vitamin-B12-Mangel oder zu wenig Vitamin D im Stoffwechsel können ebenfalls zu Symptomen einer Depression führen. Behandelst Du diese Mangelerscheinungen, verschwinden meist auch die Depressionssymptome.
# 4 Verdauung im Fokus
In meinen Coachings und Behandlungen frage ich IMMER das Verdauungsverhalten meiner Klientin ab. Wie Du bereits gelesen hast, hat die Zusammensetzung Deiner Darmflora große Auswirkungen auf Deinen gesamten Stoffwechsel. Dein Darm ist die Eingangspforte für alle Nährstoffe. Wenn der Darm also nur die Hälfte oder noch weniger der Nährstoffe aufnehmen kann, dann wirst Du langfristig krank und entwickelst möglicherweise auch eine Depression.
Frau B. hat übrigens auch seit Jahren Verdauungsbeschwerden, Blähungen und immer mal auch Durchfälle. Hier anzusetzen, würde sicherlich vieles verbessern (doch leider ist Frau B. dazu NOCH nicht bereit ;-)).
Eine gesunde und regelmäßige Verdauung kennen die wenigsten meiner Klientinnen und Patientinnen. Giulia Enders hat sich mit ihrem Buch „Darm mit Charme“* einem Tabuthema angenommen. Darin beschreibt sie sehr genau und deutlich, wie eine wirklich gesunde Verdauung aussehen sollte.
Ein gesunder Darm braucht, wie wir eben auch, gesundes Futter. Das beste gesunde Futter, für Deinen Darm sind Ballaststoffe. Dazu gehören zum Beispiel Leinsamen, Flohsamenschalen oder auch Akazienfasern. Wenn Du also nur EINE gute Sache für Deinen Darm tun wolltest, würde ich Dir die regelmäßige Einnahme von zusätzlichen Ballaststoffen, wie den Akazienfasern, sehr ans Herz legen.
# 5 Serotonin natürlich unterstützen
Über Serotonin haben wir schon viel gesprochen. Es scheint eines der Kern-Neurotransmitter zu sein, das ins Ungleichgewicht rutscht bei einer Depression. Du kannst Deine Serotonin-Bildung natürlich unterstützen. Die afrikanische Pflanze Griffonia enthält den Wirkstoff 5-Hydroxy-L-Tryptophan (5-HTP). Dieser Stoff ist die direkte Vorstufe von Serotonin und kann als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden. Aktuelle Studien zeigen, dass mit der regelmäßigen Einnahme von 5-HTP die Stimmungslage positiv verändert werden kann.
Eine wichtige Einschränkung für die Einnahme von 5-HTP gibt es: Solltest Du bereits ein Antidepressivum einnehmen, DARFST DU KEIN 5-HTP zusätzlich einnehmen. Da auch das Antidepressivum den Serotoninspiegel im Gehirn erhöht, kann es zu einem übermäßigen Anstieg des Serotoninspiegels kommen und dass kann im Extremfall zum Tode führen.
Gerade bei der Zuhilfenahme von besonderen Nahrungsergänzungsmitteln ist immer zu empfehlen, sich die Unterstützung eines Therapeuten zu holen. Ich mache in meinen Hormoncoachings häufig die Erfahrung, dass meine Klientinnen den gezielten Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln sehr schätzen und durch meine Unterstützung sehr viel besser verstehen, wie sie diese Mittel am besten anwenden können.
Ein Wort zum Schluss. Nimm die Depression nicht auf die leichte Schulter und scheue Dich nicht, Dir Hilfe zu suchen. Begleitung ist bei dieser Erkrankung ganz besonders wichtig und unendlich wertvoll.
In tiefer Verbundenheit und Wertschätzung,
Deine Alex