Warum Stress Deine Wechseljahresbeschwerden deutlich verstärken kann

Willkommen in ganz „neuen“ Zeiten! „Corona is here“ und unser Leben steht Kopf. Der Alltag ist anders, Familie und Freunde dürfen wir nur noch auf Abstand oder virtuell erleben. Wir haben möglicherweise Existenzängste oder Sorgen um besondere Menschen.  Im Moment erleben wir alle Stress.
Inhaltsverzeichnis

Stress verstärkt Wechseljahresbeschwerden

Wusstest Du, dass diese veränderten und stressigen Zeiten oder einfach Dauerstress Deine Wechseljahresbeschwerden deutlich verschlechtern könnten? Stress gehört tatsächlich zu den Hauptverstärkern von Wechseljahresbeschwerden!

Das ist vielleicht verständlicher, wenn Du Dir Dein Hormonsystem einfach als Netzwerk vorstellst. In diesem Netzwerk aktivieren, aber auch deaktivieren sich die Hormone gegenseitig und können so auch recht schnell für ein deutliches Durcheinander sorgen.

Um das ein wenig deutlicher zu machen, möchte ich Dir gerne den Hormonsyntheseweg der Steroidhormone vorstellen. Schau Dir dazu gern auch den Artikel über Testosteron an.

Was sind Steroidhormone?

Steroidhormone sind Hormone wie Progesteron, Testosteron, Estradiol, Estriol sowie das Cortisol. Bei allen Hormonen dieser Gruppe bildet das Pregnenolon die Grundstruktur. Pregnenolon wird auch als „Vorstufenhormon“ bezeichnet. Mit der Hilfe verschiedenster Enzyme und Cofaktoren werden bestimmte bauliche Veränderungen an diesem Vorstufenhormon vorgenommen, so dass jeweils eine neue Hormonform entstehen kann.

Um möglichst effizient und energiesparend vorzugehen, vollzieht der Körper die Bildung der Hormone IMMER nach einem festen Schema. Das heißt, wie bei einer Buslinie werden die unterschiedlichen Hormone nach einem festgelegten Plan „angefahren“ und damit gebildet.

Der Hormonsyntheseweg im Überblick

In der Grafik kannst Du sehen, wie die Bildung der einzelnen Hormone erfolgt. Du kannst erkennen, dass die Bildung der einzelnen Hormone praktisch “in einander überläuft“. Das bedeutet, dass zum Beispiel aus einem Pregnenolon immer erst ein Progesteron entsteht und über weitere Zwischenstufen irgendwann auch Estradiol (Östrogen) entstehen kann.

Bei der Weiterverarbeitung von Progesteron hat der Körper zwei Möglichkeiten. Entweder verarbeitet er Progesteron zu Testosteron oder er bildet in einem zweiten Weg über eine Zwischenstufe Cortisol.

Bei Stress braucht der Körper Cortisol

An Cortisol erinnerst Du Dich bestimmt?! Cortisol ist DAS Stresshormon. Es wird immer dann ausgeschüttet, wenn Dein Körper signalisiert, er sei im Stress. Die Reaktion des Körpers auf einen Stressor lautet immer: Cortisolausschüttung.

Das ist grundsätzlich eine sehr gute und wichtige Reaktion des Körpers. Mit der Ausschüttung von Cortisol reagiert Dein Körper auf die Extrabelastung entsprechend gut und verhilft ihm zur nötigen Widerstands- und Leistungskraft.

Dauerstress = Dauer-Cortisol-Ausschüttung

Die Probleme mit dem Hormon Cortisol entstehen dann, wenn der Stress nicht mehr nachlässt. Sprich, wenn Du unter Dauerstress stehst. Dauerstress bedeutet, dass Du über mehrere Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte Stress in deinem Leben hast oder hattest.

Vor Deinen Wechseljahren war dieser Dauerstress vielleicht schon vorhanden, doch erst durch das sich langsam entwickelnde Ungleichgewicht der Sexualhormone wird das Ausmaß deiner Dauerbelastung sichtbar.

Cortisol „klaut“ Progesteron

Bis zum Beginn Deiner Wechseljahre kann Dein Stoffwechsel häufig den erhöhten Bedarf an Cortisol durch den sogenannten Progesteron-Steal (=Progesteron-Klau) decken. Das heißt, es kann zu einer Gleichgewichtsverschiebung kommen und das im Eierstock gebildete Progesteron wird nicht mehr für den weiblichen Zyklus genutzt, sondern weiterverarbeitet zu Cortisol.

Stellt allerdings, mit Fortschreiten der Wechseljahre, Dein Eierstock die Bildung von Progesteron ein, dann fehlt natürlich auch Progesteron als Nachschub für die Bildung von Cortisol. Die Folgen schleichen sich anfangs ganz unbemerkt ein und können früher oder später zu deutlichen Beschwerden führen.

Wechseljahresbeschwerden können (auch) Symptome einer Nebennierenerschöpfung sein

Ständige Müdigkeit, Schlafstörungen und/ oder ein starkes Erschöpfungsgefühl beschreiben viele meiner Klientinnen in den Wechseljahren und haben dabei meist nur den vermeintlichen Östrogenmangel im Kopf. Das eine Nebennierenerschöpfung dahinterstecken könnte, fällt ihnen meist nicht ein.

Wer sich zur Behandlung der Wechseljahresbeschwerden nur dem Ausgleich der Sexualhormone widmet, zum Beispiel mit bioidentischen Hormonen, bekommt die Symptome häufig trotzdem nicht in den Griff.

Warum? Ja, genau, die Nebennierenerschöpfung und der damit große Bedarf an Cortisol besteht WEITERHIN. Der Progesteron-Klau findet weiterhin statt, da die Nebenniere keine Unterstützung bekommt!

„Wie gestresst fühlst Du Dich?“

Willst Du also Deine Wechseljahresbeschwerden in den Griff bekommen, solltest Du das Stressthema nicht auf die leichte Schulter nehmen. Jeder meiner Klientinnen stelle ich die folgende Frage: „Auf einer Skala von 1 (= 0) bis 10 (= max.), wie gestresst fühlst Du Dich im Moment in Deinem Leben?“ Beantworte doch einfach selbst, ganz aus dem Bauch heraus, diese Frage.

Bei Zahlenwerten größer 5 würde ich das Stressthema auf jeden Fall ernst nehmen. Es kann auch sein, dass Du jetzt (endlich wieder) ruhigere Zeiten hast, aber die vergangenen Jahre sehr stressig und zehrend waren. Diese Belastung der Nebenniere schüttelst du in der Regel auch nicht von heute auf Morgen ab. Die Folgen des Progesteron-Klaus können sich noch sehr viel länger auswirken, als du es vielleicht wahrhaben willst.

Oft braucht es Jahre, um die Dauerstressbelastung erfolgreich in den Griff zu bekommen.

Diese Faktoren können Deine Nebenniere deutlich belasten und sie zum „Dieb“ werden lassen:

  • Emotionaler Stress wie ständige Sorgen, Ängste, Schuldgefühle oder Ärger
  • Depressionen
  • Überarbeitung, körperlich wie geistig
  • Einseitige Ernährungsgewohnheiten
  • Übermäßiger Zucker- und/ oder Alkoholkonsum
  • Chronische Exposition gegenüber Umweltgiften
  • Chronische Erkrankungen und Allergien
  • Chronischer Schlafmangel
  • Schichtarbeit
  • Unverarbeitete Traumen
  • Zuviel körperliche Bewegung

Auch unsere derzeitige Lage in Corona-Krisen-Zeiten kann zusätzlich Stress bedeuten.
Unterstützt Du allerdings die Funktion Deiner Nebenniere, kann sich das auch sehr positiv auf Deine Wechseljahresbeschwerden auswirken.

Regeneration und Unterstützung der Nebenniere

Die Nebenniere zu unterstützen kann leichter sein, als Du es vielleicht glaubst. Häufig sind es die einfachen und kleinen Schritte, die Du in den Alltag einbauen kannst, die am besten wirken.
Du kannst

Nährstoffe als hilfreiche Begleiter einsetzen

Eine erschöpfte Nebenniere braucht Nährstoffe. Und zwar jede Menge davon. Übergroße Mengen an Vitamin C. Empfehlenswert sind hier über den Tag verteilt 500 bis 2000 mg Vitamin C. Das wichtige Vitamin B 5, die Pantothensäure ist für die Energieproduktion in der Nebenniere essenziell. Fehlt es an diesem speziellen Vitamin, kommt die Nebenniere oft nur noch sehr schwer wieder in Gang.

Im Stress ist der Verbrauch von Magnesium stark erhöht. Um dieser Magnesiumverarmung entgegenzuwirken, solltest Du auch Magnesium zusätzlich zuführen. Damit kannst du gleichzeitig die Progesteronbildung unterstützen und so auch die Bildung der Sexualhormone ein wenig unterstützen.
Bitte beachte allerdings, dass die unkontrollierte Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel nicht zielführend ist.

Nur die Kombination aus der kurzfristigen Einnahme sinnvoller Nahrungsergänzungsmittel mit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung kann sinnvoll sein.

Wie du wichtige Nährstoffe über Deine Nahrung zu Dir nehmen kannst, erfährst Du übrigens in den Artikeln unserer Ernährungsexpertin Dr. Heike Franz.

Heilkräuter, sogenannte Adaptogene, verwenden

Adaptogene sind Heilpflanzenextrakte, die dem Körper dabei helfen sollen, sich Stresssituationen anzupassen.

So kann die verminderte Bildung von Cortisol durch Adaptogene angeregt werden, aber auch der vermehrten Produktion entgegengewirkt werden. Sie gleichen die Cortisolproduktion aus und können so die Langzeitschäden von Dauerstress reduzieren.

Rhodiola (= Rosenwurz) ist ein ganz wichtiges und effektiv wirkendes Adaptogen bei Nebennierenerschöpfung. In mehreren Studien[i], [ii] wurde festgestellt, dass sich unter Rhodiola-Einnahme das Konzentrations- und Erinnerungsvermögen der Probanden und die die Gesamtstimmung verbesserte (da der Serotonin-Spiegel anstieg) sowie die stressbedingte geistige und körperliche Müdigkeit zurückging.

Weitere Maßnahmen gegen Deine Stressoren

Finde heraus, welche Faktoren zu Deiner Nebennierenschwäche beitragen.
Es kann zum Beispiel sein, dass Du eine chronische Entzündung in Deinem Darm hast und gar nichts davon weißt. Das nennt man dann „Silent Inflammation“ (= stille Entzündung). Das kommt häufiger vor, als Du denkst und geht nicht selten ohne Verdauungsbeschwerden einher.
Auch eine chronische Müdigkeit, Niedergeschlagenheit oder Entzündungsherde an anderer Stelle, zum Beispiel den Nebenhöhlen, könnten ein Zeichen für eine chronische Entzündung im Darm sprechen.

Lies dazu auch gerne meine letzten beiden Artikel zur Darmgesundheit:
Für Dein gutes Bauchgefühl und weniger Hormonchaos
So beeinflussen die Darmbakterien Deinen Hormonhaushalt

Auch eine Entzündung der Schilddrüse (= Hashimoto-Thyreoiditis) kann die Nebennierenschwäche verstärken und damit natürlich auch Deine Wechseljahresbeschwerden deutlich verschlechtern. Lass Deine kompletten Schilddrüsenwerte, also deinen TSH-, fT3- und fT4-Wert sowie deine Schilddrüsenantikörperwerte beim nächsten Check-up beim Hausarzt bestimmen. Das kann Dir schon viel Klarheit schenken, ob Deine Schilddrüse effektiv genug arbeitet.

Je weniger Stressoren Deine Nebenniere triggern, desto besser ist es für Dich und Dein hormonelles Gleichgewicht.

Lass Deinen Hormonspiegel untersuchen

Hormonelle Beschwerden sind meist kein einseitiges Problem. Oft spielen die verschiedenen Hormondrüsen zusammen und geraten alle aus dem Gleichgewicht.

Je genauer du die Aktivität der unterschiedlichen Hormondrüsen beurteilen kannst, desto gezielter kannst Du etwas gegen das Hormonchaos in Deinem Körper tun.

Du kannst die Aktivität von Nebenniere, Eierstock oder auch Schilddrüse über einen Labortest bestimmen lassen. Schilddrüsenwerte kannst Du in der Regel, wie oben bereits erwähnt, über eine Blutuntersuchung durch den Hausarzt bestimmen lassen. Die Hormonkonzentrationen von Cortisol (= Nebenniere) und Progesteron und Estradiol (= Eierstock) kannst Du gut über eine Speicheluntersuchung ermitteln lassen.
Die Speicheluntersuchung bietet den Vorteil, dass die Menge an frei verfügbarem und aktivem Hormon bestimmt werden kann. In der Blutuntersuchung für Cortisol, Estradiol und Progesteron ist das leider so konkret nicht möglich.

Je besser Du über die in Deinem Körper aktiv arbeitenden Hormone Bescheid weißt, desto besser kannst Du zum Beispiel bioidentische Hormone als Ergänzung einsetzen.
Dein Hormonsystem ist sehr komplex und arbeitet systemübergreifend. Je ganzheitlicher Du Deine Symptome anschaust und behandelst, desto eher kannst Du wieder ein gesundes Gleichgewicht herstellen.
Solltest Du Dir dabei Unterstützung wünschen oder diese Zusammenhänge noch tiefer verstehen wollen, dann komm gerne in meine kostenlose Hormonsprechstunde. Dort besprechen wir deine Beschwerden und können überlegen, wo du am effektivsten ansetzen kannst, um dein hormonelles Gleichgewicht wiederherzustellen. Du kannst Dir diesen kostenlosen 30-Minuten-Termin gerne auf www.alexbroll.com/sprechstunde buchen.

Ich freue mich auf unser Gespräch und hoffe, dass sich Deine Nebenniere gut und effektiv erholt, damit Du ganzheitlich zurück in Dein Gleichgewicht findest.

Herzlichst, Deine Alex

Quellenangaben:
[i] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3541197/
[ii] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11081987

Alle Aussagen und Empfehlungen in diesem Artikel sind sorgfältig recherchiert und für gesunde Frauen gedacht. Unsere Beiträge bieten jedoch keinen Ersatz für kompetenten medizinischen Rat und es wird keine Haftung übernommen. Auf jeden Fall solltest Du Dich in deinen Wechseljahren regelmäßig mit deinem Gynäkologen besprechen, gegebenenfalls auch mit Endokrinologen und Heilpraktiker.

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