Jede von uns kennt diese Frauen, die trotz Wechseljahre gertenschlank geblieben sind. Wenn man nach ihrem „Geheimnis“ fragt, antworten sie „Etwas Disziplin, viel Wasser und gute Gene.“ Oder etwas ähnliches.
Manchmal mag das stimmen, aber wenn wir die Gelegenheit hätten, näher hinzuschauen, würden wir vielleicht ein dunkles Geheimnis entdecken: eine massive Essstörung.
Essstörungen kennen keine Altersgrenze
Essstörungen können bei Frauen über die gesamte Lebensspanne hinweg auftreten, wobei sie in sensiblen Entwicklungsperioden mit entsprechenden hormonellen Änderungen am häufigsten auftreten.
Wie die Pubertät ist auch die Perimenopause durch eine Östrogenumstellung gekennzeichnet und stellt damit möglicherweise ein Zeitfenster dar, in dem das Risiko für die Entwicklung einer Essstörung besteht.
Das hört sich jetzt etwas vage an und ist es auch. Es ist nicht eindeutig klar, ob eine bereits latent vorhandene Essstörung wieder aufflackert oder ob sie sich erst jetzt entwickelt. Überhaupt müssen wir uns bewusst sein, dass das Thema Essstörungen sehr komplex ist und es noch viele Fragezeichen gibt.
Warum schreibe ich über das Thema Essstörung?
Meine eigene Magersucht als Teenager hat mich überhaupt erst dazu bewogen, Ernährungswissenschaften zu studieren.
Damals, vor rund 17 Jahren, musste ich mich für ein Thema für meine Doktorarbeit entscheiden. Und da Essstörungen auch in meinem Erwachsenenleben immer irgendwo präsent waren, sollte es dieses Thema werden:
„Essstörungen bei Frauen in der Lebensmitte“.
Aber meine Doktormutter riet ab: zu wenig Studien und eine vermutlich hohe Dunkelziffer hätten das Thema für eine Doktorarbeit zu zeitaufwendig gemacht. Aber wie hoch diese Dunkelziffer genau war, konnte natürlich keiner schätzen. Sonst wäre es kaum eine Dunkelziffer.
Ein typisches Merkmal der meisten Essstörungen: die Betroffenen sind Meister im Verstecken. Was noch viele der Betroffenen gemeinsam haben: ein perfektionistischer Persönlichkeitstyp, geringes Selbstwertgefühl, externer Stress und der Wunsch, die Kontrolle über bestimmte Aspekte des Lebens zu erlangen.
Die Fassade ist meistens perfekt: ein liebender Ehemann, tolle Kinder, manchmal schon süße Enkelkinder, erfolgreich im Job. Ein Bilderbuchleben.
Aber tief innen drin ist immer ein verängstigtes kleines Mädchen, dass glaubt, nie gut genug zu sein.
Hinzu kommen aber noch andere Beobachtungen:
- Es gibt immer seltsamere Ernährungsformen oder Modediäten. Menschen, die diesen folgen, werden oft noch bewundert
- Es gibt kaum noch feste Mahlzeiten, an denen alle Familienmitglieder teilnehmen. Daher fällt es kaum auf, wenn eine Person plötzlich ein seltsames Essverhalten an den Tag legt.
- Die Frage, wo hört seltsames Essverhalten oder eine bestimmte Diät auf und wo fängt eine pathologische Essstörung an, lässt sich nur sehr schwer beantworten.
Wie kommt es gerade in mittleren Jahren zu Essstörungen?
Wie ich zu Beginn schon schrieb, kann eine Veranlagung dazu vorliegen. Ja, es gibt in der Zwischenzeit mehrere Studien, die belegen, dass Magersucht mit verschiedenen Genveränderungen einher geht. Auch meine Eltern und ich durften an einer dieser Studien teilnehmen. Auch wenn es im Nachhinein nichts ändert, so war es gerade für meine Mutter gut zu wissen, dass sie keine „Schuld“ an meiner Erkrankung hatte.
Bei manchen Menschen bestand auch schon in der Jugend eine Magersucht oder Bulimie, die halt irgendwann überwunden war. Zumindest so weit überwunden, dass das Umfeld glaubte: die Person hat wieder alles im Griff und isst wieder normal. So wie bei mir.
Dazu kommt, dass in unserer Zeit ständig irgendwelche Diäten angepriesen werden und Übergewicht das größere Problem zu sein scheint.
Daher wird es oft bewundert, wenn eine Frau anfängt, diszipliniert zu essen. Zunächst einfach nur bewusster und gesünder.
Dann kommen vermeintliche Allergien und Unverträglichkeiten hinzu. Laktoseintoleranz, Gluten Intoleranz, vegane Ernährung – immer mehr Nahrungsmittel verschwinden vom Speiseplan. Und dann ist Intervallfasten plötzlich Trend – es wird immer mehr weggelassen, bis man schließlich in der Falle sitzt. Natürlich wird nicht jede Frau, die eine von diesen Ernährungsformen anwendet, magersüchtig oder entwickelt eine andere Essstörung. Aber der Weg wird dadurch bei gefährdeten Personen geebnet.
Was sind die eigentlichen Auslöser für eine Essstörung?
Es gibt einige Gründe, warum Frauen in der Lebensmitte besonders anfällig sind.
Hormonelle Umstellungen
Wenn Östrogen und Serotonin in unserem Körper um die Menopause herum abnehmen, werden Frauen, die empfindlich auf diese Veränderungen reagieren, anfälliger für Essanfälle. Gerade Schokolade ist hier ein Trigger, weil Schokolade den Serotoningehalt vorübergehend erhöht. Man fühlt sich gut, bis das schlechte Gewissen einsetzt. Das ist dann oft ein erster Schritt, der die Frauen dazu bewegt, gegenzusteuern. Sprich: nach einer Diät zu greifen, um die Gewichtszunahme zu stoppen. Ja, der Körper hält an Fettzellen fest, weil die mit etwas Östrogen aushelfen können. Die Gewichtszunahme ist aber nicht das einzige Problem:
Man stellt mit Entsetzen fest, dass der Körper altert. Der Stoffwechsel verlangsamt sich, es entstehen Falten und die Haare werden grau.
Das Seh- und Hörvermögen lässt nach und wir sind bei Weitem nicht mehr so belastbar, wie mit 20. Dies kann dazu führen, dass sich die Frauen schlecht fühlen, da sich ihr Aussehen von westlichen Schönheitsidealen wie Schlankheit und Jugend entfernt.
Ja, wir wissen eigentlich ganz genau, dass uns das erwartet. Aber es kommt, genau wie Weihnachten, immer total überraschend.
So war es bei mir jedenfalls.
Die Lebensumstände ändern sich
Aber wem erzähle ich das hier? Die Wechseljahre halten große Veränderungen bereit. Neben den hormonellen Umstellungen, die einen ja schon an den Rande des Wahnsinns treiben können, kommen noch andere große Veränderungen auf uns zu: der Job als Mutter ist beendet, die „Kinder“ verlassen das Nest. Für viele Frauen entsteht damit auch eine innere Leere.
Die Eltern werden alt und manchmal pflegebedürftig. Damit fällt eine große Stütze unseres Lebens plötzlich weg und wir müssen diese Funktion übernehmen.
Probleme in der Partnerschaft, bis hin zur Scheidung: Ohne die Kinder im Haus erkennen viele Frauen jetzt, dass man den Partner gar nicht mehr liebt und nicht mehr mit ihm/ihr zusammenleben möchte.
In der Arbeitswelt haben wir kaum noch Chancen auf die große Karriere, wenn wir nicht schon in einer Führungsposition sind. Jüngere Kollegen haben da oft die Nase vorn.
Auch wenn wir noch nicht an den Ruhestand denken: irgendwo lauert die Angst vor dem Rentnerdasein. Die Angst, seine Identität, ja seine Daseinsberechtigung zu verlieren. Wenn man dann seinen Job verliert, ist das oft der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Plötzlich ist nichts mehr so, wie es war. Das Leben scheint außer Kontrolle zu geraten. Aber die eigenen Essgewohnheiten – die sind unter unserer Kontrolle.
Gesellschaftliche Zwänge und die Macht von Social Media
Unsere Kultur legt Wert auf eine schlanke Figur. Nicht unbedingt auf Gesundheit, Fitness oder körperliche Ausdauer, lediglich die Optik ist wichtig.
Frauen über 40 spüren diesen Druck genauso wie ihre jüngeren Schwestern. Aber ich brauche wohl keiner Frau erst zu erzählen, dass es ab den Wechseljahren, ja, oft sogar schon früher, damit anfängt: die Pfunde kommen langsam und sind dann kaum noch wegzubekommen. Untersuchungen zeigen, dass die meisten Frauen in den Wechseljahren etwa 5 kg zunehmen, ein Großteil davon um die Leibesmitte. Das gefürchtete Bäuchlein, dass uns plötzlich in Hosen mit Gummibund zwingt.
Das ist nur ein Teil des natürlichen Prozesses. Aber die meisten von uns fühlen sich unter Druck gesetzt, dünn zu sein, einen flachen Bauch zu haben, unabhängig von Alter oder Kinderwunsch. Bitte alle einmal die Hand heben, die schon einmal gehört haben, dass Frauen in den Wechseljahren sich gehen lassen.
In unserer Gesellschaft wird man als Frau ab einem bestimmten Alter unsichtbar. Daher versuchen Frauen manchmal verzweifelt, eine „junge Figur“ und damit die Illusion von Jugend, zu erhalten. Gerade Frauen, die sehr attraktiv sind/waren und auf Grund ihres Aussehens bewundert wurden, leiden darunter noch stärker als wir „Durchschnittsfrauen“.
Normales Ereignis oder Trauma?
Gehören alle diese Veränderungen denn nicht einfach zum Leben dazu?
Ja, absolut und jede einzelne von uns wird diese einschneidenden Ereignisse und Traumen durchleben. Das alles gehört zum Leben dazu und jemand der resilient oder widerstandsfähig ist, wird zwar auch zu kämpfen haben, aber mit den Krisen fertig werden.
Erst wenn mehrere der Faktoren, wie Perfektionismus, mangelndes Selbstwertgefühl, Lebensumstände, die eigene Geschichte und schmerzhafte Erlebnisse, zusammen kommen, kann es zur mehr oder weniger ausgeprägten Essstörung kommen.
Oder, wie in meinem eigenen Fall, wenn schon in jungen Jahren eine Essstörung auftrat, kann man davon ausgehen, dass die Frau vorbelastet ist.
Wann wird die Essstörung zum echten Problem?
Viele Frauen geben es erst mal gar nicht zu, dass sie ein Problem haben. Ja, oft wird es auch einfach verdrängt: ich will schlank bleiben, also muss ich sehr diszipliniert sein. Weniger essen, viel Sport oder, bei der Bulimie, kalorienreiches Essen wieder loswerden. Was die „Sache“ schwierig macht: oft sind die sichtbaren Symptome nicht so stark ausgeprägt, dass man die Krankheit auf den ersten Blick sieht.
Laut DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) ist bei einer milden Magersucht das Gewicht unter einem BMI von 17. Das ist sehr niedrig, aber durch den altersmäßig gedrosselten Stoffwechsel sind Frauen in den Wechseljahren, trotz extrem niedriger Kalorienzufuhr oft darüber. Sie sind schlank, aber nicht dünn oder untergewichtig.
Auch die Definition
Durch zu geringe Energiezufuhr ist das Körpergewicht unter dem für das jeweilige Geschlecht, Alter, die Entwicklung und dem Gesundheitszustand zu erwartenden Gewicht.
ist eher auf einen Teenager als auf eine erwachsene Frau abgestimmt.
Im Gegenteil, sehr schlanke Frauen werden bewundert, weil es ihnen gelingt, die Figur zu halten. Und wenn mal jemand eine kritische Bemerkung macht und sagt: „Du bist zu dünn“ wird abgewunken: der oder die ist nur neidisch.
Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur „Problemerkennung: man kann ein 14-jähriges Mädchen zur Behandlung zwingen, aber kaum eine 45-jährige Frau. Oft weiß das Umfeld, selbst die Familie, gar nichts von dem Problem. In der Familie wundert man sich vielleicht über die seltsamen Essgewohnheiten.
Falls die Familie etwas bemerkt.
Oft ist dann, wenn das Umfeld aufmerksam wird, die Krankheit schon so weit fortgeschritten, dass man die Mangelerscheinungen sieht: nicht nur die überschlanke Figur, auch eine schlechte, fahle Haut, dünnere Haare, brüchige Nägel. Und gerade diese vermeintlich kosmetischen Probleme, die ja ein sicheres Zeichen sind, dass dem Körper viele Mikronährstoffe fehlen, sind oft der Auslöser um Hilfe zu suchen.
Warum Essstörungen in den Wechseljahren nicht harmlos sind
Um es nochmals zu betonen: die vermeintlichen Haut- und Haarprobleme sind äußerliche Anzeichen von ernsthaften Gesundheitsproblemen. Denn es besteht ein viel größeren Risiko, gesundheitliche Schäden zu entwickeln, die nicht mehr umkehrbar sind. Der Abbau der Muskulatur und damit Verlust von Kraft ist eines der ersten Zeichen. Damit geht aber der Stoffwechsel in den Keller und die Betroffenen müssen noch weniger essen, um das niedrige Gewicht zu halten. Ein Teufelskreis. Magen- und Darmprobleme kommen dann oft schnell dazu.
Am gefährlichsten aber sind die Elektrolyt Verschiebungen und der Mineralstoffmangel. Das wird oft lange nicht festgestellt, selbst bei einer Blutuntersuchung nicht. Wenn dann die Frauen mal zum Arzt gehen.
Gerade der Kalzium Spiegel im Blut bleibt lange normal, da der Körper sich erst mal Kalzium aus den Knochen holt. Welche Folgen das hat, dürfte klar sein: Osteoporose. Wenn dann noch eine Veranlagung oder andere Risikofaktoren dazukommen, die einen Knochenabbau begünstigen, geht das erschreckend schnell. Und ist kaum noch umkehrbar. Wenn die Betroffenen dann noch Erbrechen, Abführmittel nehmen oder exzessiv Sport treiben, kann es zu lebensgefährlichen Elektrolytentgleisungen kommen, bis hin zum plötzlichen Herzversagen.
Als Teenager hat man noch einige Jahre, um diese Mangelerscheinungen auszugleichen, bevor der Körper anfängt, abzubauen. In der Lebensmitte hat der natürliche Abbau bereits begonnen und wird drastisch beschleunigt!
Tiefer führende Informationen zum Thema Gefahren einer Essstörung bei Erwachsenen findest Du auf meiner Webseite.
Wie man den Weg heraus findet
Daher kann ich an dieser Stelle nur einen Rat geben: hole Dir so schnell wie möglich Hilfe!
Die körperlichen Folgen von Essstörungen, wie Unterernährung und Nährstoffmangel, sind für „ältere“ Menschen (damit meine ich alle ab etwa 40) besonders gefährlich. Um irreversible Schäden zu vermeiden, sollte man schnell fehlende Vitamine und Mineralstoffe ergänzen.
Und dann mit Hilfe eines Ernährungsberaters, der sich mit der Problematik auskennt, zu einer Ernährungsform zu finden, mit der man gesund leben kann. Ohne gleich dick zu werden. Das ist nämlich oft die größte Angst der Betroffenen.
Es ist ein schwieriges Thema und manche Frauen sind wirklich von Hause aus sehr schlank. Und werden dann „verdächtigt“, an Essstörungen zu leiden. Diese Frauen haben aber ein normales Essverhalten.
Bei einer Essstörung wird Essen als etwas Bedrohliches gesehen und bedeutet Stress.
Man muss selbst erkennen, dass man ein Problem hat. Und sich dann Hilfe suchen. Und glaube mir: es fühlt sich gut an, wenn man mit seinem Körper Frieden schließt und ihm hochwertige, leckere Nahrung gibt.
Diese Hilfe biete ich Dir. Ich lade Dich herzlich zu einem Erstgespräch ein. Dann können wir zusammen überlegen, wie Du aus der Spirale wieder rauskommst. Und ganz viel an Lebensqualität gewinnst.
Mein Schlusswort
Das war heute ein Thema, das mir immer noch nahe geht. Und obwohl ich mein Wortlimit wieder überschritten habe, habe ich das Gefühl, nur an der Oberfläche gekratzt zu haben. Daher lade ich Dich ein, Dir auch dieses Video anzuschauen in dem ich über die gesundheitlichen Gefahren spreche und Möglichkeiten, wie Du aus dem Teufelskreis einer Essstörung wieder herauskommst.
Du darfst mich aber auch gerne per E-Mail anschreiben, wenn Du ganz persönliche Fragen hast.
Bis dahin wünsche ich Dir eine gute und erholsame Zeit.
Deine Heike
Foto: Canva