Es war Sommer und Freibad stand auf dem Programm. Diese Aussicht ließ mich strahlend und beschwingt in diesen Ferientag gehen. Ich brannte darauf ins Freibad zu kommen, denn meine Eltern hatten mir versprochen, dass es die Gelegenheit für mich wäre Freunde zu finden. Freunde fehlten mir noch, denn wir waren gerade erst in diesen Ort gezogen. Und ein Sommer ohne Freunde, würde ein langweiliger Sommer werden. Im Freibad zerplatzte der Traum von neuen Freunden im Nichtschwimmerbecken. „Du bischd dreckisch, mit Dir schpiele mer net“, sagte der Anführer der Kinderhorde. Das war im Sommer ’73, ich war 9 und schämte mich für meine sonnenbraune Haut. Damit schämte ich mich auch meiner ungarischen Wurzeln, denen ich diese Puszta-Haut verdankte. Diese Haut, die niemals blass oder rot war, sondern im Sommer tiefbraun und auch im Winter leicht olivbraun blieb.
Ich blieb tagelang im Zimmer, lehnte alle Vorschläge meiner Eltern ab, die irgendwas mit „draußen“ zu tun hatten, bis meine Eltern sich sorgen machten, ob ich vielleicht krank sei. Ja, ich war krank. Die Scham hatte mich krank gemacht.
Mit Scham geht auch das Selbstbewusstsein in den Keller
Diese „Du bist dreckig“-Geschichte ist meine erste Erinnerung an Körperscham. Eine Scham, die vernichtend sein kann, da sie das eigene Selbst in Frage stellt.
Wenn mein Körper von gängigen Schönheitsidealen abweicht, ich wegen meines Körpers abgelehnt werde oder ich mich dem Gros der Menschen mit meinem Körperbild nicht zugehörig fühle, dann geht mein Selbstbewusstsein in den Keller – so wie bei mir damals.
Ohne Selbstbewusstsein sind wir auch von der vielgepriesenen Selbstliebe Lichtjahre entfernt. In einem Moment, in dem ich mich schäme oder beschämt werde, fällt es mir schwer, mich selbst zu akzeptieren. Aber ich kann mich immer noch mögen, so wie eine gute Freundin mich mag. In Momenten, in denen Selbstliebe eine Nummer zu groß erscheint, kann sich selbst mögen eine Option sein, um nicht ganz verlassen dazustehen. In diesem Artikel bekommst Du Tipps von 8 Frauen, wie das geht mit dem „sich selber mögen“ und der Selbstliebe.
Wertschätzung für den eigenen Körper wurde uns nicht beigebracht
Erinnerst Du Dich an den Dokumentarfilm „Embrace„, der 2017 den Begriff „Bodyshaming“ auch bei uns bekannt machte? Im Film wurden Frauen gefragt, mit welchen Adjektiven sie ihren Körper beschreiben würden. Ihre Antworten: Zu dick, wabbelig, hässlich, abstossend und so weiter. Mir kamen beim Anschauen die Tränen, es erinnerte mich an meine eigenen Wunden und ich fühlte mit diesen Frauen, aus denen so viel Abwertung sprach und so wenig Wertschätzung für den eigenen Körper.
Denn wer kennt diese Sätze nicht?
- Ich mag mich nicht nackt anschauen.
- Mich selbst anzunehmen fällt mir schwer.
- Meine Kurven verstecke ich lieber.
Es ist ja auch zum Mäuse melken, täglich werden wir von Medien und der Schönheits- und Modeindustrie mit Bildern der fitten schönen Frau überschüttet. Wenn wir uns an diesen Bildern orientieren, bleibt der eigene Selbstwert abhängig von unserer äußeren Erscheinung.
Diktiert die Körperscham in Dein Leben rein?
Wenn wir daran festhalten, uns für unseren Körper zu schämen, dann diktiert die Körperscham hinein ins Leben. Dafür bezahlen wir einen Preis. Der Preis heißt Verzicht. Wie bei mir damals, als ich tagelang bei schönstem Sommerwetter auf meinem Zimmer blieb, um ja bloß nicht zu hören, dass ich dreckig sei.
Worauf verzichtest Du? Auf Lebensfreude? Auf die Freiheit zu tun, was Dir passt? Darauf ein zufriedenes Leben mit Dir selbst zu führen?
Lustvoll Leben? Genau mit diesem Körper!
Lustvoll auf der Matratze lümmeln? Nicht mit Cellulite. Wenn wir uns in unserer Haut nicht wohl fühlen, fällt es auch schwerer sich auf Sex einzulassen.
Wenn wir uns für unseren Körper schämen, entfernen wir uns also auch von Sinnlichkeit und Erotik und damit regiert die Körperscham bis in unsere Schlafzimmer hinein und bändigt unser Liebesleben.
Wie soll sich Lust entfalten, wenn Körperscham und Selbstzweifel mit auf der Bettkante hocken? Um Lust zu verspüren und Erotik zu genießen braucht’s eher eine Einstellung des sich Gehenlassen:
Genau dafür hilft dieses Motto:
„Ich muss nicht alles an meinem Körper lieben. Aber ich bin in Ordnung und habe nichts zu verstecken.“
Ilona Tamas
Anzeige
Körperscham kann weg! Gebe Dir die Erlaubnis, etwas Besonderes zu sein
Wenn der Anblick des eigenen Körpers zur Quelle wird für Selbstzweifel, Scham und Schuldbewusstsein, dann schnüren wir uns sprichwörtlich die Luft zum Atmen ab. Wieviel Lebenskraft, Potenzial und Kreativität würde freigesetzt, wenn wir den Kampf gegen unsere Körper, gegen Falten, Kurven und Alterung aufgäben? Nicht auszudenken, wieviel mehr an Energie wir hätten und was wir Wechseljahresköniginnen, mit dieser Energie alles anstellen könnten!
Eine weise Frau wurde einmal gefragt, ob es die perfekte Frau gibt. Sie antwortete:
„Wen kümmert die Perfektion?
Auch der Mond ist nicht perfekt, er ist voller Krater…
Und das Meer? Es ist sehr salzig und dunkel in den Tiefen…
Der Himmel? Immer so unendlich…
Das heißt, die schönsten Dinge sind nicht perfekt, sie sind besonders und jeder Mensch gibt sich selbst die Erlaubnis, etwas Besonderes zu sein.“
Ich habe gelernt, dass es im Leben oft darum geht, sich selbst die Erlaubnis zu geben:
- Die Erlaubnis, Veränderungen geschehen zu lassen.
- Die Erlaubnis, sich zu öffnen für alles was (noch) gelebt werden will.
- Die Erlaubnis, zu vertrauen, dass alles gut ist.
- Die Erlaubnis, Vorstellungen aka „Mindfucks“ loszulassen.
Wofür schenkst Du Dir die Erlaubnis?
Hier habe ich ein paar Fragen zur Inspiration für Dich. Die Antworten bringen Dich vielleicht näher heran an Deine Erlaubnis, Deinen Körper zu akzeptieren und lustvoll älter zu werden:
- Was würde sich ändern, wenn Du Deinen Selbstzweifeln oder Deiner Körperscham keinen Raum mehr gibst?
- Was würde sich ändern, wenn Du mit Dir und Deinem Körper vollkommen zufrieden wärst?
- Wie wäre Deine Einstellung zu Dir und Deinem Körper, wenn Du nur noch ein Jahr zu leben hättest?
- Was hast Du noch nie getan oder erlebt, was Du unbedingt noch tun willst?
Mit knappen 60 will ich nicht verzichten oder Zeit verlieren, sondern volle Kanne leben und genießen. Und, ich muss nicht alles an meinem Körper lieben. Genau dabei hilft mir meine Erlaubnis, einen „besonderen“ Körper zu haben.
Auf Dein lustvolles Leben,
Deine Ilona
Foto: Canva