Die Pandemie kommt zurück, Angst vor einem erneuten Lockdown, die Lebensmittel- und Gaspreise steigen ins Unbezahlbare, Inflation, Krieg, Streit mit dem/der Partner/in, Probleme der Kinder in der Schule, pflegebedürftige Eltern und dann noch meine heftigen Wechseljahresbeschwerden…jetzt geht alles den Bach runter!
Vielleicht kennst Du solche Gedanken im Moment auch. Verständlich, denn es sind schon seit einigen Jahren keine so leichten Zeiten mehr.
Doch ich möchte hier nicht die Krise dramatisieren und über die schwierigen Umstände gerade in den Wechseljahren meckern, sondern ich möchte Dich für die Kraft und die Chance der Krise sensibilisieren.
Die Kraft der Krise
Das Wort Krise kommt übrigens ursprünglich aus dem griechischen „crisis“ und bedeutet ebenso Scheidung, Zwiespalt, Trennung, Wahl, Erprobung oder Entscheidung. Im Chinesischen gibt es für das Schriftzeichen „Krise“ zwei Bedeutungen: Gefahr und Chance.
Wir sollten die Krise nicht nur auf ihre herausfordernden Aspekt begrenzen. Jede Frau erlebt im Laufe ihres Lebens lebensverändernde Einschnitte: die Pubertät, viele die Geburt eines Kindes, die Wechseljahre, das Altwerden. In einigen Kulturen wurden und werden solche Lebensphasen mit Ritualen gefeiert und bewusst gestaltet. In unserer heutigen Zeit jedoch ist uns der Wert und die Bedeutung von Lebenskrisen kaum mehr bewusst. Unsere Gesellschaft verdrängt sie zunehmend und wir als Individuum häufig auch.
Leugnen oder ignorieren der Krise
Eine typische Reaktion, wenn wir in eine Krise kommen ist, so zu tun, als wäre sie nicht da, wir ignorieren sie, wir wollen sie nicht haben und machen weiter wie bisher.
Ich merkte damals mit 46 Jahren schon eine ganze Weile, dass etwas nicht stimmte, dass ich mich nicht gut fühlte, dass etwas anders war und ich nicht mehr mit derselben Freude und Leichtigkeit meinen Yogaunterricht hielt. Es kam schleichend und ich wollte es nicht wahrhaben, ich wollte, dass alles so bleibt wie immer und so ignorierte ich es einfach und machte weiter wie bisher. Mit der Folge, dass ich mich ständig überforderte und damit die Wechseljahressymptome schlimmer wurden.
Doch irgendwann sind die Symptome so massiv, dass Du nicht mehr wegschauen kannst. Und dann tritt häufig der Krisenvermeider 2 in Kraft:
Ablenkung oder Betäubung in der Krise
In unserer Gesellschaft haben wir hervorragende Ablenkungsmöglichkeiten: die sozialen Medien, Facebook, Instagram, Youtube und die Medien: Prime, Netflix & Co.; allesamt über Handy, Tablet und Laptop jederzeit konsumierbar.
Ich muss mich jetzt outen: Ich war in meiner turbulenten Phase ein absoluter Prime-Junkie; ich hatte eine Lieblingsserie und in jeder freien Zeit habe ich mir eine Folge angeschaut, nur, um mich nicht spüren zu müssen, mein Unwohlsein, meine Dünnhäutigkeit, meine Leere und meine Unruhe.
Man kann sich prima „wegbeamen“ und in andere Welten abtauchen, denn dort ist entweder alles schön oder alles noch viel schlimmer, aber eben die Probleme der anderen.
Der Nachteil, sobald es keine Ablenkung mehr gibt, sind die Gefühle, Symptome und Schwierigkeiten wieder da.
Da hilft dann nur noch Alkohol, Tabletten oder Drogen, denn die sind hervorragende Betäubungsmittel. Wie der Name schon sagt, betäuben sie Schmerz, Unwohlsein, Frust, Ängste, Sorgen, Unruhe usw.
Vielleicht trinkst Du plötzlich mehr oder öfter Alkohol, um nicht mehr das zu spüren, was Dich bedrückt.
Mein Betäubungsmittel waren Süßigkeiten. Ich weiß nicht mehr, wie viele ganze Eispackungen ich in der Zeit der Wechseljahre, ja, man kann schon sagen, heruntergeschlungen habe, nur, um meine Verzweiflung und Leere nicht spüren zu müssen und es lieber herunterzuschlucken.
Und wenn Du das kennst, dann weißt Du, dass das nicht viel hilft, dass am nächsten Tag die Symptome alle wieder da sind und manchmal sogar schlimmer; Alkohol und Zucker bringen nämlich den Hormonhaushalt ganz schön durcheinander. Also, keine gesunde Lösungsmöglichkeit, besonders nicht in den Wechseljahren.
Kampf gegen die Krise
Als es bei mir mit Wechseljahresbeschwerden losging, da habe ich mich mit Händen und Füßen gegen die unangenehmen Symptome gewehrt, habe sie mit aller Kraft bekämpft.
Vielleicht bist Du auch so eine Kämpferin, dann weißt Du sicherlich, dass es nichts bringt gegen etwas zu kämpfen, was eh schon da ist. Das ist ein bisschen so, als würde der Baum im Herbst sagen: „Ich lasse meine Blätter nicht los“.
Kampf ist auf Dauer anstrengend und stresst. Und Stress ist einer der Hauptursachen für hormonelle Dysbalance.
Und übrigens, das, was wir bekämpfen, bleibt und wird größer, das hast Du vielleicht auch schon mal erfahren. Somit ist der Kampf auch keine sinnvolle Lösung in Krisensituationen.
Beim Kampf neigen wir dazu hart zu werden, sobald wir mit Problemen und Konflikten, wie z.B. Wechseljahresbeschwerden, konfrontiert werden. Abhärten, sich stark zeigen und zur Gegenwehr antreten sind unsere natürlichen Abwehrmechanismen.
Aber was ist, wenn wir uns gar nicht zur Wehr setzen müssten?
Was, wenn wir aus unserer Sanftheit und natürlich verletzlichen Herzlichkeit heraus agieren würden?
Den Kampf loslassen
Konflikte und Krisen schaden uns nicht, sie machen uns in den meisten Fällen widerstandsfähig und lassen uns wachsen.
Was uns sehr viel mehr schadet ist die eigene Negativhaltung und ein „Nein“ den unangenehmen Gefühlen und inneren wie auch äußeren Konflikten gegenüber.
Wie wäre es mit einer bejahenden Haltung, z.B.: „Die Wechseljahre sind eine Übergangsphase und können mit unterschiedlichen Symptomen einhergehen, das ist völlig natürlich.“
Damit ist nicht gemeint, dass ich nicht mehr für mich einstehe oder widerstandslos alles so hinnehme. Was ich damit meine, ist, diese Härte, diesen Kampfmodus, den ich in mir aufbaue, sobald bestimmte Herausforderungen auf mich einprasseln, loszulassen.
Für den Körper, für unsere Seele fühlt sich dieser Kampf nicht gut an. Der Frauenkörper wird angespannt und hart, möchte aber viel lieber weich sein dürfen und mit allen Gegebenheiten mitfließen. Er möchte sich frei und weit fühlen, nicht eng und angespannt.
Wie wäre es in solchen Situationen mal bewusst weich zu werden, aus der Liebe heraus zu agieren und den selbst-mitfühlenden Weg zu wählen. Den Kampf bewusst loslassen und sich den Dingen, wie sie sind, hingeben, für sich einstehen und sich klar von dem abgrenzen, was einem nicht guttut, dies aber aus einer klaren Feinheit heraus, ohne gewinnen oder recht haben zu müssen.
Dadurch kann sich ein wundervolles zartes, warmes, leuchtendes Gefühl der Ruhe, des Friedens, der Gewissheit, dass alles irgendwie gut werden wird, in uns ausbreiten. So fließen wir wieder ganz natürlich und sanft in unsere eigene Kraft zurück, an unseren inneren Ort, an dem alles gut ist.
Das folgende Krisenkit kann Dir helfen, den Kampf aufzugeben, in der Krise anzukommen und sie anzuerkennen und von dort aus klare Schritte zu gehen, die Dir aus der Krise heraushelfen.
Ein Krisenkit, das Du immer bei Dir trägst
1. Helfer: Dein Körper
Dein Körper ist dein bester Freund auf dem Weg durch die Krise. Er sagt Dir, wie es Dir geht und was Du brauchst. Hast Du viel Stress, verlangt er nach Ruhe, sitzt Du zu häufig auf der Couch, ruft er nach Bewegung, fühlst Du Dich kraftlos, zeigt er Dir, dass Du Deine Energien in die falsche Richtung lenkst.
In dem Moment, in dem Du Deinen Körper bewusst spürst, alle Körperempfindungen, Hitze, Kribbeln, Anspannung, etc. bist Du in der Gegenwart, nicht im Vergangenen, auch nicht in der Zukunft, sondern im Hier und Jetzt!
Das gibt Dir Kraft, erdet Dich und hilft Dir, tatkräftig Schritte zu gehen, die Dir in der Krise helfen, wie z.B. Dich gut zu bewegen und gut zu ernähren.
Hier eine gute Übung, um in Deinem Körper anzukommen:
2. Helfer: bewusstes Atmen
Deine Atmung ist seit Jahrtausenden der Zugang zum Hier und Jetzt, denn Du atmest immer – und immer im Hier und Jetzt.
Bewusst zu atmen, bringt Dich in die Gegenwart.
Meine Einladung: Atme jetzt einmal einige Male langsamer und vor allem tiefer. Spüre, wie die Luft in Deinen Körper einströmt und wieder ausströmt.
Vielleicht kannst Du spüren, wie schon einige bewusste, tiefe Atemzüge ein wenig mehr Entspannung und Ruhe in Deinen Körper bringen.
Die bewusste Atmung versorgt den Körper optimal mit Sauerstoff und entgiftet ihn, dadurch wird Dein allgemeines Wohlbefinden und Deine Kraft gesteigert – und das brauchst Du in turbulenten Zeiten.
Außerdem führt eine gute Atmung zu einer ausgeglicheneren Grundeinstellung, da Du mit der Atmung direkt auf Deinen emotionalen Zustand Einfluss nehmen kannst.
Die tiefe Atmung fördert zudem auch einen wachen, scharfen Geist und eine bessere Konzentrationsfähigkeit und das hilft Dir in herausfordernden Situationen kreative und konstruktive Lösungen zu finden.
Und übrigens während der Atmung schüttet der Körper vermehrt körpereigene Endorphine aus – und das wirkt Krisentiefs und schlechter Laune entgegen!
Meine Empfehlung: Räume Dir mehrmals am Tag Momente des tiefen Atems ein.
Was mir hilft, ist, meinen Handywecker 1x die Stunde zu stellen, um mich daran zu erinnern, einige bewusste und tiefe Atemzüge zu nehmen.
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3. Helfer: Alles fühlen!
Krisensituationen sind häufig mit starken Gefühlen wie Angst, Wut, Traurigkeit usw. verbunden. Die meisten von uns wenden sich von diesen Gefühlen ab, weil wir nicht gelernt haben, mit ihnen umzugehen und befürchten, dass die Emotionen noch mehr aus der Kontrolle geraten, wenn wir sie zulassen.
Wir müssen erst die Erfahrung machen, dass sich die Gefühle beruhigen, wenn wir uns ihnen zuwenden, uns liebevoll und voller Mitgefühl für uns selbst mit ihnen verbinden und erkennen, warum sie da sind.
Das ist so wie mit einem quengelnden Kleinkind, das an Deinem Rockzipfel hängt und keine Ruhe gibt. Wenn Du es ignorierst oder abweist, wird es lauter, fängt an zu schreien und zu toben. Nimmst Du es hingegen auf den Arm und schenkst ihm Deine volle Aufmerksamkeit entspannt es sich.
Hilfreich in der Krise ist also, Dich liebevoll Deinen Gefühlen zuzuwenden, sie zu fühlen und zu lauschen, was sie Dir sagen möchten. Es könnte z.B. sein, dass Dir Deine Wut signalisiert, dass Du Dich ausnutzen oder respektlos behandeln lässt, und sie Dich dazu auffordert, auch einmal Nein zu sagen und klare Grenzen zu setzen.
Am besten kannst Du Deine Gefühle wahrnehmen und fühlen, wenn Du Dir regelmäßig Zeit und Ruhe für Dich nimmst!
Zusammenfassung
Krisen gehören im Leben dazu. Sie sind nicht angenehm und kommen manchmal unverhofft und unvorbereitet daher! Doch sie sind Entwicklungschancen und zeigen Dir, dass Du in Deinem Leben eine neue Richtung einschlagen solltest. Dazu zählt zuallererst, in der Krise anzukommen und alles anzuerkennen, was gerade ist. Dafür bist Du mit drei wichtigen Werkzeugen ausgestattet: Deinem Körper, Deiner Atmung und Deinen Gefühlen! Sie bringen Dich in die Gegenwart und das Hier und Jetzt ist der beste Ausgangspunkt, um Dein Leben in einer Weise zu verändern, dass Du glücklich bist!
Deine Aloka Wunderwald
Foto: Canva