„Phyto“ ist ein griechisches Wort und bedeutet nichts anderes als „Pflanze„. Östrogen kennen wir alle und es ist eines der Geschlechtshormone, die sich in den Wechseljahren verabschieden.
Phytoöstrogene sind also Verbindungen, die natürlich in Pflanzen vorkommen und unter die sekundären Pflanzenstoffe fallen.
Wir kennen 3 Unterkategorien: Die Isoflavone, Lignane und Coumestane. Sie alle sind der natürlichen Form von Östrogen (17-ß-Östradiol) sehr ähnlich. Phytoöstrogene sind insbesondere in Sojaprodukten und Rotklee enthalten. WissenschaftlerInnen beobachteten, dass Frauen im asiatischen Raum vor allem in den Wechseljahren weniger hormonelle Beschwerden haben.
Aber dort ist die Einstellung zu den Wechseljahren entspannter und Frauen sind ab einem bestimmten Alter sehr viel angesehener. So hat es mir jedenfalls eine chinesische Kollegin erzählt, als ich 3 Jahre in Peking gelebt und gearbeitet habe. Helena jedenfalls hatte während einer Präsentation eine Hitzewallung und fand das total in Ordnung. Von ihr kam nur die Warnung an das (überwiegend) männliche Publikum: „Guys, don’t fuss with me. I can spit fire“ (Jungs, ärgert mich nicht, ich kann Feuer spucken).
Phytoöstrogene sind zwar pflanzlicher Herkunft, funktionieren aber ähnlich wie tierisches Östrogen. „Ähnlich“ heißt aber nicht, dass sie natürliches Östrogen ersetzen. Da gibt es Unterschiede.
Phytoöstrogene können Östrogenrezeptoren gleichzeitig aktivieren und blockieren. Das heißt, sie können eine östrogene Wirkung entfalten, aber auch genau das Gegenteil bewirken. Ja, ich weiß, das ist verwirrend. Außerdem sollen sie antioxidativ wirken und das Zellwachstum hemmen.
Was können Phytoöstrogene für Deine Gesundheit tun?
Eine pflanzliche Ernährung ist reich an natürlichen Phytoöstrogenen, in gesunden Mengen. Das gilt ganz besonders, wenn Sojaprodukte regelmäßig auf Deinem Speiseplan stehen.
In begrenztem Umfang können Phytoöstrogene als eine Art natürliche Hormonersatztherapie dienen. Dies gilt insbesondere für Phytoöstrogene als Nahrungsergänzungsmittel.
Da sie das körpereigene Östrogen imitieren, erreichen Phytoöstrogene zum Teil ähnliche Wirkungen.
Linderung von Hitzewallungen
Ich würde jetzt gerne schreiben: Tofu und Edamame verhindern Hitzewallungen, aber das ist nicht eindeutig belegt.
Es gibt einige Studien, die eine Verminderung der Hitzewallungen bestätigen. Über das Phytoöstrogen Cimicifuga schreibt die Deutsche Apotheker Zeitung, dass ein Rückgang von Hitzewallungen und anderen typischen Wechseljahresbeschwerden beobachtet werden konnten. Allerdings handelt es sich bei der Behandlung um Cimicifuga als Medikament. Die Probandinnen nahmen es also nicht über die Nahrung auf.
Vorbeugung von Osteoporose bei Frauen
Andere Studien zeigen, dass Phytoöstrogene dazu beitragen könnten, den Knochenschwund bei „alternden Frauen“ (für die Wissenschaft sind das Frauen 45plus, was mich immer schockiert) zu verhindern. Natürliches Östrogen trägt bekanntermaßen zur Erhaltung einer normalen Knochendichte bei. Wenn Frauen erst in die Wechseljahre kommen, sinkt der Östrogenspiegel, was sie anfälliger für Osteoporose macht.
Da Phytoöstrogene ähnlich wie Östrogen wirken, könnte ihre Einnahme diesen Prozess aufhalten. Allerdings ist auch dies nicht eindeutig belegt und ich würde in jedem Falle zusätzlich auf Ernährung mit ausreichend Calcium und Bewegung setzen.
Herz-Kreislauferkrankungen
Eine Studie von 2019 untersuchte den Konsum von Soja-Isoflavonen in Asien, wo ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz besteht. Ob dies aber am Sojakonsum liegt, ist auch hier nicht eindeutig erwiesen. Meine These ist, dass Menschen, die viel Sojaprodukte essen, insgesamt einen gesünderen Lebensstil haben. Was dann auch gut für die Herzgesundheit ist.
Aber auch eine Studie an 2000 Erwachsenen im Mittelmeerraum fand einen möglichen Zusammenhang zwischen Phytoöstrogenen in der Nahrung und einem geringeren Risiko für Bluthochdruck. Aber auch hier könnte die gesunde mediterrane Ernährung eine wichtige Rolle spielen.
Wann ist auch bei Phytoöstrogenen Vorsicht geboten?
Wie bei allen Nährstoffen ist es am besten, Phytoöstrogene auf natürliche Weise aus pflanzlichen Lebensmitteln zu beziehen.
In den letzten Jahren hat synthetisches Östrogen einen schlechten Ruf wegen negativer Nebenwirkungen erhalten. Dazu gehört ein erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit, Krebs, Fortpflanzungsstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Beim Verzehr von Phytoöstrogenen auf pflanzlicher Basis sind solche Risiken jedoch sehr unwahrscheinlich. Ein Beispiel ist Soja, eine gute pflanzliche Proteinquelle, die reichlich Isoflavone, enthält.
Klinische Langzeitstudien haben gezeigt, dass Soja nicht mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko in Verbindung gebracht wird – und dass es auch für Menschen, die an Brustkrebs erkrankt waren, hilfreich sein kann. Eine Studie aus dem Jahr 2009 kam zu dem Schluss, dass Sojalebensmittel das Wiederauftreten von Brustkrebs und die Sterblichkeit sogar verringern.
Leider gibt es im Zusammenhang mit phytoöstrogenhaltigen Lebensmitteln einige Missverständnisse, unter anderem, dass sie das Risiko für bestimmte Krebsarten erhöhen könnten.
Tatsächlich ergab eine Überprüfung von Studien im Jahr 2020, dass Phytoöstrogene bei den folgenden Krebsarten eine schützende Wirkung haben können:
- Brustkrebs
- Kolorektalkrebs
- Gebärmutterschleimhautkrebs
Um das ganze Ausmaß der Wirkung von Phytoöstrogenen zu verstehen, sind jedoch weitere Forschungen an Menschen erforderlich.
Als Faustregel gilt, dass Du keine Phytoöstrogenpräparate, einnehmen solltest, es sei denn, Dein Arzt verordnet es. Gerade bei Nahrungsergänzungsmitteln kann die tatsächliche Dosierung schwanken und daher eventuell zu hoch sein.
Welche Lebensmittel und Kräuter enthalten Phytoöstrogene?
Viele Pflanzen und pflanzliche Lebensmittel enthalten Phytoöstrogene. Einige enthalten mehr als andere, aber die Gefahr einer Überdosierung ist über die Ernährung eher gering.
1. Leinsamen
Leinsamen sind kleine, goldfarbene oder braune Samen, die in letzter Zeit aufgrund ihrer potenziellen gesundheitlichen Vorteile an Bedeutung gewonnen haben.
Sie sind reich an Lignanen, einer Gruppe von chemischen Verbindungen, die als Phytoöstrogene wirken. Leinsamen enthalten bis zu 800-mal mehr Lignane als andere pflanzliche Lebensmittel.
Tatsächlich gibt es einige Wissenschaftler, die Leinsamen als heimisches „Superfood“ sehen, dass nicht erst vom anderen Ende der Welt importiert werden muss.
2. Sojabohnen und Edamame
Sojabohnen werden zu zahlreichen pflanzlichen Produkten wie Tofu und Tempeh verarbeitet. Sie können aber auch ganz, als Edamame, genossen werden.
Edamame-Bohnen sind grüne, unreife Sojabohnen, die oft tiefgekühlt und ungeschält in ihren ungenießbaren Schoten verkauft werden. Ein leckerer und gesunder Snack, den ich, genau wie Tofu, während meines China Aufenthaltes kennenlernen durfte. Gerade für Tofu gibt es so viele leckere Zubereitungsformen und Rezepte, dass ich in den 3 Jahren kein Fleisch gegessen habe.
Sowohl Sojabohnen als auch Edamame sind reich an Eiweiß, vielen Vitaminen, Mineralien und Isoflavonen.
Ich möchte an dieser Stelle aber auch gleich eine „Warnung“ des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) anbringen.
Es muss auch immer die individuelle Verträglichkeit von Sojaprodukten wie Sojabohnen, Sojamilch und Tofu berücksichtigt werden. Denn die enthaltenen Sojalektine können in größeren Mengen schwer bekömmlich sein. Zudem geht das BfR davon aus, dass bei 0,3 bis 0,4 Prozent der Bevölkerung eine Allergie gegen Sojaeiweiß besteht.
3. Getrocknete Früchte
Trockenfrüchte sind nährstoffreich, köstlich und lassen sich leicht als unkomplizierter Snack genießen.
Sie sind auch eine wirksame Quelle für verschiedene Phytoöstrogene.
Datteln, Pflaumen und getrocknete Aprikosen sind einige der getrockneten Lebensmittel mit dem höchsten Gehalt an Phytoöstrogenen.
Darüber hinaus enthalten Trockenfrüchte viele Ballaststoffe und andere wichtige Nährstoffe, was sie zu einem gesunden Snack macht.
Für mich sind getrocknete Früchte ein leckerer Snack und eine gute Alternative zu Gummibärchen. Aber Vorsicht, nicht übertreiben: sie enthalten viel Fruchtzucker und sind auch viel kalorienreicher als frische Früchte.
4. Sesamsamen
Sesamsamen sind kleine, ballaststoffreiche Samen, die häufig in asiatischen Gerichten verwendet werden, um ihnen eine feine knusprige Konsistenz und einen nussigen Geschmack zu verleihen.
Neben anderen wichtigen Nährstoffen sind sie auch sehr reich an Phytoöstrogenen.
Interessanterweise hat eine Studie ergeben, dass der Verzehr von Sesamsamenpulver den Östrogenspiegel bei Frauen nach den Wechseljahren beeinflussen.
Die Frauen in dieser Studie verzehrten 5 Wochen lang täglich 50 Gramm Sesamsamenpulver. Dies erhöhte nicht nur die Östrogenaktivität, sondern verbesserte auch den Cholesterinspiegel im Blut.
Ich liebe Sesamsamen an Stelle von Paniermehl. Es macht viele einfachen Gerichte, die paniert werden, zu etwas Besonderem.
5. Knoblauch
Knoblauch ist eine beliebte Zutat, die Gerichten einen scharfen Geschmack und ein würziges Aroma verleiht.
Er wird nicht nur wegen seiner kulinarischen Eigenschaften angepriesen, sondern ist allgemein für seine gesundheitlichen Eigenschaften bekannt.
Obwohl es nur wenige Studien über die Auswirkungen von Knoblauch auf den Menschen gibt, haben mehrere Tierstudien gezeigt, dass er den Östrogenspiegel im Blut beeinflussen kann.
Darüber hinaus hat eine einmonatige Studie mit postmenopausalen Frauen gezeigt, dass die Einnahme von Knoblauchöl eine schützende Wirkung gegen den mit Östrogenmangel verbundenen Knochenschwund haben kann.
6. Pfirsiche
Pfirsiche sind eine süße Frucht mit gelblich-weißem Fruchtfleisch und flaumiger Schale. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nicht erwartet, dass dieses leckere Sommerobst Phytoöstrogene enthält.
Nicht nur das, sie sind auch reich an Lingnanen, Vitaminen und Mineralstoffen.
Interessanterweise legt eine Analyse von Studien nahe, dass eine lignanreiche Ernährung das Brustkrebsrisiko bei Frauen nach der Menopause um 15 % senken kann. Dies hängt möglicherweise mit den Auswirkungen der Lignane auf die Östrogenproduktion und den Östrogenspiegel im Blut zusammen.
7. Beeren
Beeren werden seit langem für ihre zahlreichen gesundheitlichen Vorteile angepriesen. Und ich habe schon häufiger darüber gepostet. Gerade Blaubeeren, die ja von vielen geliebt werden, sind hier besonders hervorzuheben.
Sie sind reich an Vitaminen, Mineralien, Ballaststoffen und nützlichen Pflanzenstoffen, einschließlich Phytoöstrogenen.
Aber auch Erdbeeren, Preiselbeeren und Himbeeren sind besonders gute Quellen von nützlichen Pflanzenstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen.
8. Weizenkleie
Weizenkleie ist eine weitere konzentrierte Quelle von Phytoöstrogenen, insbesondere von Lignanen.
Einige ältere Studie zeigte zwar, dass ballaststoffreiche Weizenkleie den Östrogenspiegel im Serum von Frauen senkt. Nicht unbedingt das, was Frauen in der Perimenopause sich wünschen. Aber diese Ergebnisse waren jedoch wahrscheinlich auf den hohen Ballaststoffgehalt der Weizenkleie und nicht unbedingt auf ihren Lignangehalt zurückzuführen.
Weizenkleie ist sehr gesund und enthält viele Ballaststoffe. Allerdings solltest Du vorsichtig sein, wenn Du Dich bisher eher ballaststoffarm ernährt hast: der Körper muss sich langsam dran gewöhnen, sonst kann es zu Blähungen kommen. Gesundheitlich zwar harmlos, aber doch unangenehm.
9. Tofu
Tofu wird aus geronnener Sojamilch hergestellt, die in feste weiße Blöcke gepresst wird. Er ist eine beliebte Quelle für pflanzliches Eiweiß, insbesondere bei veganer und vegetarischer Ernährung. Er ist auch eine konzentrierte Quelle von Phytoöstrogenen, vor allem Isoflavonen.
Tofu hat den höchsten Isoflavon Gehalt aller Sojaprodukte, einschließlich Sojaprodukten und Sojadrinks.
Tofu selbst ist meistens geschmackneutral oder, wie es ein Freund formulierte: „schmeckt wie eingeschlafene Füße“ (ich frage mich manchmal, was die Leute essen…) Dadurch ist Tofu aber auch so vielseitig zuzubereiten.
10. Kreuzblütiges Gemüse
Kreuzblütler sind eine große Gruppe von Pflanzen mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, Texturen und Nährstoffen.
Blumenkohl, Brokkoli, Rosenkohl und andere Kohlsorten sind alles Kreuzblütler, die reich an Phytoöstrogenen sind. Deswegen finden die sich ja auch auf der Liste gegen Wechseljahresbeschwerden aus einem meiner letzten Beiträge: „So kannst Du Hitzewallungen und Co. „wegessen“.
Blumenkohl und Brokkoli sind reich an Secoisolariciresinol, einer Art von Lignan-Phytoöstrogen.
Außerdem sind Rosenkohl und Kohl reich an Coumestrol, einer anderen Art von Phytonährstoff, der nachweislich östrogene Wirkung hat.
Die verschiedenen Kohlsorten sind zwar nicht immer beliebt. Aber hier empfehle ich wirklich, zu experimentieren. Selbst der von vielen gehasste Brokkoli lässt sich sehr lecker zubereiten.
11. Tempeh
Tempeh ist ein fermentiertes Sojaprodukt und ein beliebter veganer Fleischersatz.
Es wird aus Sojabohnen hergestellt, die fermentiert und zu einem festen, dichten Kuchen gepresst wurden.
Tempeh ist nicht nur eine ausgezeichnete Quelle für Proteine, Präbiotika, Vitamine und Mineralien, sondern auch eine reiche Quelle für Phytoöstrogene, insbesondere Isoflavone.
Fazit
Phytoöstrogene haben einen Nutzen für die Gesundheit, sind aber mit Vorsicht zu genießen, wenn man sie als Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt.
Deswegen rate ich Dir, das niemals auf eigene Faust zu tun, sondern mit Deinem Arzt zu sprechen. Er oder sie kennt (hoffentlich) Deine gesundheitlichen Risiken und kann Dich entsprechend beraten.
Daher solltest Du Phytoöstrogene auf natürliche Weise über die Nahrung aufnehmen, und nicht gleich Kräuter oder Nahrungsergänzungsmittel in Betracht ziehen. Wenn Du viel Gemüse und Obst ist, ergänzt durch Getreide, Nüsse, Samen und Hülsenfrüchten, hast Du schon sehr viel für Deine Gesundheit getan.
Es sind ja nicht nur die Phytoöstrogene: die in Südostasien beobachteten Effekte einer phytoöstrogenreichen Ernährung auf viele Erkrankungen lässt sich nicht allein mit dem Konsum von Sojaprodukten erklären. Im Vergleich zu Europa isst die Bevölkerung in Fernost traditionell auch weniger Fleisch, weniger Milchprodukte – und damit weniger tierische Fette. Dafür aber mehr Gemüse, Algen und Fisch.
Wie bei vielen anderen Mikronährstoffen gilt auch für die Phytoöstrogene: es ist nicht nur diese eine Substanz oder diese Gruppe von sekundären Pflanzenstoffen, die Dir hilft, Dich besser zu fühlen und/oder die Wechseljahresbeschwerden zu lindern.
Es ist die gesamte Ernährung, aber auch die Lebensweise, die Dir dabei helfen kann.
Meine Liebe, ich hoffe, ich konnte mit diesem Beitrag einige der Fragen um die Phytoöstrogene beantworten.
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Alles Liebe,
Deine Heike
Foto: Depositphotos