Diese Zahlen machen deutlich, warum Kalzium so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Mit den Wechseljahren rückt die Osteoporose, bei der durch einen Mangel an Kalzium die Knochen spröde werden, mehr und mehr in unser Blickfeld. Der Oberschenkelhalsbruch bei älteren Frauen – ein echtes Horrorszenario.
Neben der Knochenstabilität hat der Mineralstoff Kalzium einige andere Aufgaben, die nicht weniger wichtig sind.
Dieser Artikel gehört zur Serie „Gut versorgt im Wechsel“, im Rahmen derer wir uns mit allen für Frauen in den Wechseljahren wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen einzeln beschäftigen. Einen Überblick über alle bisher erschienen Artikel findest Du im Startartikel „Warum Vitamine und Mineralstoffe in den Wechseljahren Deine Freunde sein sollten“
Teamplayer Kalzium: Funktionen des Mineralstoffs
Kalzium ist wichtig für Knochen und andere Aufgaben, arbeitet aber immer mit anderen Vitaminen und Mineralstoffen zusammen.
Um Kalzium überhaupt in den Knochen einlagern zu können, benötigt der Körper Vitamin D. Um eine normale Knochenfestigkeit zu erzielen, ist Phosphor ein wichtiger Partner. Das Verhältnis von Kalzium zu Phosphor in den Knochen beträgt etwa 2,5 zu 1. Magnesium, Silizium, Strontium, Bor und Proteine finden sich ebenfalls in unserer Knochenstruktur und müssen auch durch die Nahrung zugefügt werden.
Kalzium und Magnesium arbeiten im ganzen Körper als Team: in den Nerven, Muskeln und Geweben, insbesondere bei der Regulierung der Herz- und Muskelkontraktion und der Nervenleitung.
Ein weiterer wichtiger Teamplayer ist Vitamin D, das lange Zeit unterschätzt wurde: Es wird für die Aufnahme von Kalzium und Phosphor aus dem Verdauungstrakt benötigt. Zusammen mit den Nebenschilddrüsenhormonen (Calcitonin und Parathormon) hilft Vitamin D den normalen Kalziumspiegel im Blut aufrechtzuerhalten. Unser Körper ist diesbezüglich extrem empfindlich. Daher ist die Aufrechterhaltung des Blutkalziumspiegels lebensnotwendig, insbesondere für die Herzfunktion. Und auch hier arbeiten die Mineralstoffe perfekt zusammen: Kalzium regt die Kontraktion an, Magnesium unterstützt die Entspannungsphase, Natrium und Kalium sind wichtig für die Erzeugung des elektrischen Impulses.
Wenn die Nahrung nicht genügend Kalzium enthält, um den Blutkalziumspiegel stabil zu halten, wird mithilfe der Hormone Kalzium aus den Knochen gelöst. Den größten Teil des Kalziums im Körper finden wir in den Knochen, aber auch die Konzentration dieses Minerals im Blut und in den Zellen muss aufrecht erhalten werden. Sonst kommt es zu Elektrolytentgleisungen, was schnell lebensbedrohlich wird.
Aus diesem Grund lässt sich ein Kalziummangel erst in einem sehr späten Stadium im Blut feststellen. Eine große Gefahr bei der erwachsenen Essstörung und der Grund, warum Osteoporose so weit verbreitet ist.
Kalziummangel – das sind die Folgen
Du hast bestimmt schon von Osteoporose als Folge einer kalziumarmen Ernährung gehört. Ja, das Skelettsystem leidet am meisten unter Kalziummangel.
Egal, was die Hauptursache für einen Kalziummangel ist, Osteoporose ist ein großes Risiko bei Frauen in unserem Alter. Ab der Menopause steigt der Bedarf, aber erst Jahre später machen sich die Folgen eines Mangels bemerkbar. Osteoporose tritt bei Frauen viermal so häufig auf wie bei Männern.
Bei frühen Wechseljahren (Beginn vor dem 45. Geburtstag) sollte frau daher regelmäßig die Knochendichte messen lassen.
Weiterführende Informationen über Osteoporose findest Du in diesem Dokument des Bundesselbsthilfeverbands für Osteoporose e.V.
Da eine Osteoporose das Leben erheblich beeinträchtigen kann, ist Kalzium eines der am häufigsten von Ärzten verschriebenen Mineralien (Kalium ist übrigens das andere).
Kalzium ist ebenfalls wichtig für den Zahnschmelz: Die Mineralien in den Zähnen sind zwar noch stabiler als die Knochen, aber ein Kalziummangel kann sich auch am Gebiss zeigen. Zahnverlust, Parodontalerkrankungen und Zahnfleischentzündungen sind mögliche Probleme, die besonders bei einer zu hohen Phosphoraufnahme entstehen können.
Ein leichter Kalziummangel kann zu Nervenempfindlichkeit, Parästhesien, Muskelzuckungen, brüchigen Nägeln, Reizbarkeit, Herzklopfen, Schlaflosigkeit, Verwirrung oder einem Gefühl chronischer Depression führen.
Im weiteren Verlauf können Bein- und Fußkrämpfe oder andere Muskelkrämpfe, Herzklopfen, Taubheit, Kribbeln und schließlich Tetanie (die anhaltende Kontraktion einiger Muskeln, die starke Schmerzen verursacht) auftreten. Alles keine verlockenden Aussichten.
Versorgung mit ausreichend Kalzium? Ganz schön kompliziert…
Man sollte meinen, wenn ich genügend Kalzium bekomme, sollten sich doch diese Probleme vermeiden lassen. Im Notfall greift man halt auf Nahrungsergänzungsmittel zurück. Aber die Zusammenhänge sind viel komplexer. Man kann nämlich auch einen Kalziummangel bekommen, wenn man sich bewusst ernährt und eigentlich genügend Kalzium aufnimmt.
Aber der Reihe nach. Hier die möglichen Szenarien, wie es zu einem Mangel kommen kann:
Die Nahrung enthält zu wenig Kalzium
Eine insgesamt ungesunde Ernährung mit viel Zucker, stark verarbeiteten Nahrungsmitteln, künstlichen Zusätzen und Fertigprodukten kann nicht genügend Kalzium (und auch andere Mikronährstoffe) enthalten.
Die Nahrung enthält ausreichend Kalzium, …
… aber es gibt Faktoren, die die Aufnahme von Kalzium verhindern
- Hohe Fettaufnahme
- Hohe Phosphoraufnahme
- Hohe Proteinaufnahme
- Hypochlorhydrie (zu wenig Magensäure)
- Magen-Darmprobleme
- Bewegungsmangel
- Oxalsäure-Lebensmittel (Mangold, Spinat, Rhabarber, Kakao)
- Phytinsäure-Lebensmittel (Vollkorn)
- Stress
… aber es fehlen Vitamine, Mineralstoffe und anderen Substanzen, die für die Aufnahme von Kalzium gebraucht werden
- Vitamin D
- Milchlaktose, Milchsäure
- Magensäure,
- Vitamin C
- Protein
- Fett
- Kalzium : Phosphor im Verhältnis 1 : 1
- Bewegung
Hier kannst Du bereits ein Problem erkennen: ja, wir brauchen Protein, Fett und ein bestimmtes Verhältnis Kalzium zu Phosphor. Aber zu viel Protein, Fett und Phosphor behindern wiederum die Aufnahme. Gar nicht so einfach, da eine gute Balance zu finden.
Kalzium in den Wechseljahren und bei zunehmendem Alter
Die Bioverfügbarkeit von Kalzium sinkt im Laufe des Lebens. Bei Erwachsenen können nur noch 30 bis 50% des aufgenommenen Kalziums vom Körper absorbiert werden. Im Säuglings- und Kindesalter sind es 50 bis 70 % des aufgenommenen Kalziums. Das heißt auch, dass der Grundstein für gesunde Knochen schon im Kindesalter gelegt wird.
Falsche Nahrungsergänzung
Bei Nahrungsergänzung wird nicht auf die richtige Form oder das Timing geachtet. Es wird nach dem Motto: „viel hilft viel“ ergänzt. Dazu später mehr.
Was kann man gegen Kalziummangel tun
Ernährung
Die Ernährung sollte immer an erster Stelle stehen, bevor man zu Nahrungsergänzung greift. Kalzium ist in vielen Lebensmitteln enthalten, aber nur in wenigen ist es in hohen Mengen vorhanden.
Fetthaltige Milch scheint durch die Kombination Laktose (wirkt ebenfalls unterstützend) Protein, Fett und ein hoher Kalziumgehalt eine perfekte Kalziumquelle zu sein. Allerdings sind etwa 10% der Mitteleuropäer laktoseintolerant, damit scheidet Milch als Kalziumquelle aus. Käse ist eine mögliche Alternative, da es viele Sorten gibt, die laktosearm oder laktosefrei sind. Je länger ein Käse gereift ist, desto niedriger ist sein Laktosegehalt.
Viele grüne Blattgemüse sind gute Kalziumquellen, wenn wir die Sorten, die viel Oxalsäure enthalten, meiden. Brokkoli, Blumenkohl, Erbsen und Bohnen bieten eine gute Versorgung. Nüsse, insbesondere Mandeln, Paranüsse und Haselnüsse und Samen wie Sonnenblumen und Sesam enthalten Kalzium.
Wir können einiges tun, um die Kalziumaufnahme zu verbessern. Neben Vitamin D können auch die Vitamine A und C helfen, den normalen Membrantransport von Kalzium zu unterstützen.
Vitamin D Quellen: Hering, Lachs, Heilbutt, Thunfisch, Hühnereier; Kalbsleber und Käse im pflanzlichen Bereich sind es die Steinpilze, Pfifferlinge und Zuchtchampignons.
Vitamin A Quellen: Kalbsleber, Thunfisch in Öl, Hühnereier, Butter, Vollmilch. Pflanzliche Quellen: Kohlsorten, Möhren, Spinat Aprikosen sowie Pfirsiche, also grüne und gelbe Obst und Gemüsesorten.
Vitamin C Quellen: Zitrusfrüchte, Beerenfrüchte, Paprika, Kiwis, Blumenkohl, Grünkohl, Tomaten, Papaya, Brokkoli, Rosenkohl, Erdbeeren.
Wichtig für die Aufnahme von Kalzium sind auch die Makronährstoffe Protein (Eiweiß) und Fett. Aber für beide gilt: zu viel bewirkt das Gegenteil.
Achtung: Nahrungsmittel mit einem hohen Oxalsäuregehalt – wie Spinat, Rhabarber, Mangold und Schokolade – bilden mit Kalzium unlösliche Salze, die wieder ausgeschieden werden. Das heißt nicht, dass man auf diese Nahrungsmittel verzichten muss. Aber es sollte ein zeitlicher Abstand zu Nahrungsmittel mit reichlich Kalzium eingehalten werden.
Bewegung für bessere Kalziumaufnahme
Bewegung verbessert nachweislich die Absorption von Kalzium, und Bewegungsmangel kann sie vermindern. Aber auch unsere Knochen brauchen die Belastung, um nicht abzubauen. Eines der Risiken der Raumfahrt (falls jemand mit einem Aufenthalt im All liebäugelt): Durch die fehlende Schwerkraft fehlt dieser Reiz für die Knochen und sowohl Knochen als auch Muskeln bauen sich ab. Stichwort Schwerkraft: Auch wenn Schwimmen gesund und gelenkschonend ist, für die Knochengesundheit ist Krafttraining oder Training gegen einen Widerstand vorzuziehen. Am besten macht frau beides.
Kennst Du unseren Artikel „Du willst Dich wieder mehr bewegen? So startest Du richtig“ schon?
Entspannung hilft zur Kalziumabsorption
Auch Stress kann die Kalziumabsorption verminder, aber das weißt Du sicherlich. Stress wirkt auf alle Organe und Organsysteme und gerade ein überaktives Verdauungssystem kann die Aufnahme von Kalzium vermindern. Was oft unterschätzt wird: Menschen mit Magenproblemen nehmen oft Antazida. Das vermindert zwar akute Beschwerden bei zu viel Magensäure. Aber die Magensäure ist sehr wichtig für die Kalziumaufnahme, also sollte man hier vorsichtig sein und Antazida nicht wie Bonbons einwerfen.
Nahrungsergänzung – eine gute Idee gegen Kalziummangel?
Zusätzliches Kalzium als Nahrungsergänzung kann helfen, einen Kalziummangel abzufedern. Nicht vergessen, dass der Körper dann auch mehr Vitamin D braucht, um Kalzium in das Blut, das Gewebe und die Knochen zu bringen.
Da Osteoporose vor allem bei Frauen in den Wechseljahren und nach den Wechseljahren auftritt, wird Kalzium allgemein für eine Behandlung von Problemen der Menopause empfohlen.
Tatsächlich reduziert es eine Reihe der möglichen Symptome. In Zusammenarbeit mit Magnesium und Vitamin D hilft es gegen Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit und Depressionen. Manche Frauen behaupten sogar, dass sich Hitzewallungen ebenfalls vermindern. Das kann aber auch ein Placebo Effekt sein.
Da die Absorption von Kalzium so unterschiedlich ist, ist es schwierig, die richtige Kalziummenge zu bestimmen. In den westlichen Kulturen mit durchschnittlichen Absorptionsraten von nur 30 bis 50% reichen selbst 1.000 mg Kalzium möglicherweise nicht aus, um Osteoporose und andere Kalziummangelprobleme zu verhindern.
Meine Empfehlung: Führe für einige Tage ein Ernährungsprotokoll. So bekommst Du einen Überblick, wie viel Kalzium tatsächlich in Deiner Nahrung ist.
Für Frauen in oder nach der Menopause werden 1.500 mg (1,5 g) Kalzium am Tag empfohlen. Für Frauen, die nicht stark auf ihre Ernährung achten und mehr Protein, Fett und Phosphor (Fertigprodukte) zu sich nehmen, ist das wahrscheinlich sogar noch zu knapp.
Wenn wir die Kalziumzufuhr erhöhen, sollten wir auch die Magnesiumzufuhr erhöhen und sie bei etwa der Hälfte der Kalziumzufuhr halten. Das entspricht 1 Teil Magnesium auf 2 Teile Kalzium. Magnesium trägt dazu bei, dass Kalzium besser löslich bleibt, und kann dadurch das Risiko der Nierensteinbildung und anderer Verkalkungen verringern.
Kalzium wird in einer alkalischen Umgebung nicht gut absorbiert, da es weniger löslich ist. Das heißt, es sollte zu den Mahlzeiten eingenommen werden, wenn der Magen säurehaltiger ist. Das muss auch berücksichtigt werden, wenn der Arzt Säureblocker für den Magen verschreibt.
Noch eine Möglichkeit, um das meiste aus Nahrungsergänzung rauszuholen: das Kalziumpräparat über den Tag verteilt in mehreren kleineren Dosen aufnehmen. Und zu den Mahlzeiten auf Protein, Fett, Vitamin D und C achten.
Die am häufigsten empfohlenen Kalziumpräparate beinhalten Kalziumzitrat oder Kalziumkarbonat. Kalziumzitrat wird etwas besser absorbiert, da es für die Absorption nicht viel Magensäure benötigt. Kalziumkarbonat wird gut aufgenommen, wenn es zusammen mit der Nahrung eingenommen wird.
Zu Risiken und Nebenwirkungen von Kalziumpräparaten
Bei manchen Personen treten Nebenwirkungen auf, wenn sie Kalziumpräparate einnehmen. Zu diesen Nebenwirkungen gehören Blähungen und Verstopfung, also Probleme im Magen-Darmbereich. Übermäßige Kalziumaufnahme kann aber auch das Risiko für Nierensteine, Nierenprobleme, Ablagerungen in den Gefäßen sowie Eisen- und Zinkmangel erhöhen.
Kalzium kann mit Antibiotika, Antikonvulsiva, Diuretika und anderen Medikamenten interagieren. Bevor Du auf eigene Faust Kalziumpräparate nimmst, solltest Du unbedingt mit Deinem Arzt sprechen.
Bitte vergiss nie: Ein Nährstoff in Pillenform wird im Körper nicht auf dieselbe Weise verarbeitet wie bei der Aufnahme über die Nahrung.
Bereits abgebaute Knochenmasse kann übrigens nicht wieder aufgebaut werden.
Achtung: Kalzium darf nicht überdosiert werden: Der Körper kann nicht mehr als 500 Milligramm Kalzium auf einmal verarbeiten. Wenn Du ein Supplement einnimmst, dass höher dosiert ist, muss der Körper etwas mit dem Überschuss tun. Es ist möglich, dass sich Blutgerinnsel bilden oder dass sich Kalzium an den Arterienwänden ablagert. Beides nicht unbedingt erstrebenswert. Ich habe Dir unten eine Metastudie angegeben, die genauer die Nebenwirkungen untersucht hat.
Fazit
Kalzium ist extrem wichtig für die Knochengesundheit. Mit den Wechseljahren erhöht sich der Kalziumbedarf und die Osteoporosegefahr steigt, wenn die Zufuhr nicht erhöht wird. Idealerweise bekommst Du ausreichend Kalzium über Deine Ernährung.
Baue täglich Milch und Milchprodukte, Gemüse wie Brokkoli, Blumenkohl, Erbsen oder Bohnen, Nüsse und Samen in Deine Mahlzeiten ein. Achte zusätzlich auf eine gute Versorgung mit den Vitaminen A, C und D, um die Aufnahme des Kalziums in die Zellen zu unterstützen.
Wohlüberlegte Nahrungsergänzung kann die Kalziumzufuhr unterstützen, ersetzt jedoch nicht die gesunde Ernährung. Bei zusätzlicher Einnahme von Kalziumpräparaten solltest Du unbedingt auch auf Deinen Phosphor-, Magnesium- und Vitamin D Spiegel achten.
Hier die Aufzeichnung des Live-Vortrags, den ich in unserer Facebookgruppe gehalten haben. Hier versorge ich Dich jeden Monat gratis mit Ernährungswissen rund um die Menopause.
Im Zweifelsfall ziehe unbedingt einen Fachmann/eine Fachfrau zu Rate!
Lass es Dir gut gehen,
Deine Heike
Weiterführende Studien
Bolland et al. Einfluss von Kalziumpräparaten auf das Risiko von Herzinfarkt und kardiovaskulären Ereignissen: Metaanalyse. BMJ. 2010 Jul 29;341:c3691
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20671013
https://www.hopkinsmedicine.org/health/wellness-and-prevention/calcium-supplements-should-you-take-them